BGH zur Telefonüberwachung bei Verdacht der Geldwäsche; Verwertbarkeit

Der Bundesgerichtshof hat zu den Voraussetzungen der Telefonüberwachung bei der Geldwäsche und deren Vortaten Stellung genommen. Außerdem äußerte er sich zur Möglichkeit, Erkenntnisse aufgrund einer formal rechtswidrigen Anordnung dennoch zu verwerten. Im Ergebnis schränkt er die Überwachungsbefugnis bei Vortatbeteiligung des Beschuldigten ein, lehnt ein Verwertungsverbot aber ab, wenn die Telefonüberwachung – wie vorher ersichtlich - aus anderen Gründen hätte angeordnet werden dürfen. Die Leitsätze lauten: 1. Eine Telefonüberwachung nach § 100a Satz 1 Nr. 2 StPO kann dann nicht auf den Verdacht der Geldwäsche gestützt werden, wenn eine Verurteilung wegen Geldwäsche aufgrund der Vorrangklausel des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB nicht zu erwarten und die der Geldwäsche zugrundeliegende Tat keine Katalogtat im Sinne des § 100a StPO ist. 2. Ein entsprechender Verstoß ist grundsätzlich dann heilbar und führt nicht zu einem Verwertungsverbot für die aus der Telefonüberwachung gewonnenen Erkenntnisse, wenn die zum Zeitpunkt des ermittlungsrichterlichen Beschlusses bestehende Beweislage den Verdacht einer anderen Katalogtat des § 100a StPO - insbesondere eines Vergehens der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB - gerechtfertigt hätte. Aus den Gründen: Allerdings lagen nach Maßgabe der ermittlungsrichterlichen Beschlüsse die Voraussetzungen für eine Anordnung der Telefonüberwachung nach § 100a StPO nicht vor; denn eine Telefonüberwachung nach § 100a Satz 1 Nr. 2 StPO kann dann nicht auf den Verdacht der Geldwäsche gestützt werden, wenn eine Verurteilung wegen Geldwäsche aufgrund der Vorrangklausel des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB nicht zu erwarten und die der Geldwäsche zugrundeliegende Tat keine Katalogtat im Sinne des § 100a StPO ist. Mit Recht weisen die Revisionen darauf hin, daß ein Wertungswiderspruch bestünde, sofern der Verdacht der Geldwäsche nach § 261 StGB auch dann eine Telefonüberwachung rechtfertigte, wenn die der Geldwäsche zugrundeliegende Vortat nicht so schwerwiegend ist, daß deren Verdacht seinerseits eine Telefonüberwachung erlaubte. Da der Tatbestand der Geldwäsche so weit gefaßt ist, daß eine Vielzahl nach anderen Strafgesetzen pönalisierter Handlungen zugleich den Geldwäschetatbestand erfüllte, liefe das im Ergebnis darauf hinaus, daß wegen des Verdachts nahezu einer jeden Katalogtat des § 261 Abs. 1 StGB die Telefonüberwachung angeordnet werden könnte. Damit würde der vom Gesetzgeber mit Rücksicht auf die Bedeutung des Schutzes des Fernmeldegeheimnisses durch den gegenüber § 261 Abs. 1 StGB augenfällig engeren Katalog des § 100a StPO zum Ausdruck gebrachte Wille, nur für bestimmte, besonders schwerwiegende Straftaten überhaupt die Telefonüberwachung zuzulassen, in einer unabsehbaren Anzahl von Fällen unterlaufen. Wenn der Gesetzgeber den gewerbsmäßigen Schmuggel nicht für schwerwiegend genug erachtet, um hierfür die Telefonüberwachung zuzulassen, muß diese Wertung bei einer zugleich vorliegenden Geldwäsche gleichermaßen durchschlagen, insbesondere weil dem Schmuggel eine Geldwäschehandlung tatbestandlich immanent ist (vgl. HansOLG Hamburg StV 2002, 590). Ein sachlicher Grund, der für den (an sich zurücktretenden) Geldwäschetatbestand eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Im Ergebnis kann deshalb der Verdacht einer tatbestandlichen Handlung nach der Strafvorschrift der Geldwäsche eine Telefonüberwachung nur rechtfertigen, soweit die zugrundeliegende Vortat der Geldwäsche selbst eine Katalogtat nach § 100a StPO ist oder dies zumindest nicht auszuschließen ist. Jedenfalls aber in Fallkonstellationen wie der vorliegenden, in denen sich im Zeitpunkt der Entscheidung über die Anordnung der Telefonüberwachung bereits absehen läßt, daß eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche aufgrund der Vorrangregelung des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB nicht in Betracht kommen wird, kann die Anordnung nicht mehr auf den Geldwäschetatbestand gestützt werden, falls die zugrundeliegende Haupttat eine Telefonüberwachung nicht zuläßt (so auch HansOLG Hamburg aaO; Meyer-Abich aaO). Die Rechtswidrigkeit der Anordnung der Telefonüberwachung führt regelmäßig zu einem Verwertungsverbot, wenn die Voraussetzungen nach § 100a StPO bei ihrem Erlaß nicht vorlagen (BGHSt 31, 304, 308; 32, 68, 70). Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen der Verdacht einer Katalogtat von vornherein nicht bestanden hat (BGHSt 41, 30, 31). Die fehlerhafte Anordnung der ursprünglichen Telefonüberwachung würde deshalb hier dazu führen, daß sämtliche auf dieser rechtswidrigen Grundlage gewonnen Erkenntnisse nicht verwertet werden dürften. Der rechtliche Bewertungsfehler des Ermittlungsrichters wäre hier jedoch dann heilbar, wenn aufgrund der damaligen Beweislage der Verdacht auf Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB (Katalogtat gemäß § 100a Satz 1 Nr. 1 lit. c StPO) bestand. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben (wird ausgeführt). BGH, Beschluß vom 26. Februar 2003 – 5 StR 423/02 Strafverteidiger 2003, Seite 425

05.08.2003, Dr. Bachmann

Der Bundesgerichtshof hat zu den Voraussetzungen der Telefonüberwachung bei der Geldwäsche und deren Vortaten Stellung genommen. Außerdem äußerte er sich zur Möglichkeit, Erkenntnisse aufgrund einer formal rechtswidrigen Anordnung dennoch zu verwerten. Im Ergebnis schränkt er die Überwachungsbefugnis bei Vortatbeteiligung des Beschuldigten ein, lehnt ein Verwertungsverbot aber ab, wenn die Telefonüberwachung – wie vorher ersichtlich - aus anderen Gründen hätte angeordnet werden dürfen. Die Leitsätze lauten: 1. Eine Telefonüberwachung nach § 100a Satz 1 Nr. 2 StPO kann dann nicht auf den Verdacht der Geldwäsche gestützt werden, wenn eine Verurteilung wegen Geldwäsche aufgrund der Vorrangklausel des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB nicht zu erwarten und die der Geldwäsche zugrundeliegende Tat keine Katalogtat im Sinne des § 100a StPO ist. 2. Ein entsprechender Verstoß ist grundsätzlich dann heilbar und führt nicht zu einem Verwertungsverbot für die aus der Telefonüberwachung gewonnenen Erkenntnisse, wenn die zum Zeitpunkt des ermittlungsrichterlichen Beschlusses bestehende Beweislage den Verdacht einer anderen Katalogtat des § 100a StPO - insbesondere eines Vergehens der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB - gerechtfertigt hätte. Aus den Gründen: Allerdings lagen nach Maßgabe der ermittlungsrichterlichen Beschlüsse die Voraussetzungen für eine Anordnung der Telefonüberwachung nach § 100a StPO nicht vor; denn eine Telefonüberwachung nach § 100a Satz 1 Nr. 2 StPO kann dann nicht auf den Verdacht der Geldwäsche gestützt werden, wenn eine Verurteilung wegen Geldwäsche aufgrund der Vorrangklausel des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB nicht zu erwarten und die der Geldwäsche zugrundeliegende Tat keine Katalogtat im Sinne des § 100a StPO ist. Mit Recht weisen die Revisionen darauf hin, daß ein Wertungswiderspruch bestünde, sofern der Verdacht der Geldwäsche nach § 261 StGB auch dann eine Telefonüberwachung rechtfertigte, wenn die der Geldwäsche zugrundeliegende Vortat nicht so schwerwiegend ist, daß deren Verdacht seinerseits eine Telefonüberwachung erlaubte. Da der Tatbestand der Geldwäsche so weit gefaßt ist, daß eine Vielzahl nach anderen Strafgesetzen pönalisierter Handlungen zugleich den Geldwäschetatbestand erfüllte, liefe das im Ergebnis darauf hinaus, daß wegen des Verdachts nahezu einer jeden Katalogtat des § 261 Abs. 1 StGB die Telefonüberwachung angeordnet werden könnte. Damit würde der vom Gesetzgeber mit Rücksicht auf die Bedeutung des Schutzes des Fernmeldegeheimnisses durch den gegenüber § 261 Abs. 1 StGB augenfällig engeren Katalog des § 100a StPO zum Ausdruck gebrachte Wille, nur für bestimmte, besonders schwerwiegende Straftaten überhaupt die Telefonüberwachung zuzulassen, in einer unabsehbaren Anzahl von Fällen unterlaufen. Wenn der Gesetzgeber den gewerbsmäßigen Schmuggel nicht für schwerwiegend genug erachtet, um hierfür die Telefonüberwachung zuzulassen, muß diese Wertung bei einer zugleich vorliegenden Geldwäsche gleichermaßen durchschlagen, insbesondere weil dem Schmuggel eine Geldwäschehandlung tatbestandlich immanent ist (vgl. HansOLG Hamburg StV 2002, 590). Ein sachlicher Grund, der für den (an sich zurücktretenden) Geldwäschetatbestand eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Im Ergebnis kann deshalb der Verdacht einer tatbestandlichen Handlung nach der Strafvorschrift der Geldwäsche eine Telefonüberwachung nur rechtfertigen, soweit die zugrundeliegende Vortat der Geldwäsche selbst eine Katalogtat nach § 100a StPO ist oder dies zumindest nicht auszuschließen ist. Jedenfalls aber in Fallkonstellationen wie der vorliegenden, in denen sich im Zeitpunkt der Entscheidung über die Anordnung der Telefonüberwachung bereits absehen läßt, daß eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche aufgrund der Vorrangregelung des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB nicht in Betracht kommen wird, kann die Anordnung nicht mehr auf den Geldwäschetatbestand gestützt werden, falls die zugrundeliegende Haupttat eine Telefonüberwachung nicht zuläßt (so auch HansOLG Hamburg aaO; Meyer-Abich aaO). Die Rechtswidrigkeit der Anordnung der Telefonüberwachung führt regelmäßig zu einem Verwertungsverbot, wenn die Voraussetzungen nach § 100a StPO bei ihrem Erlaß nicht vorlagen (BGHSt 31, 304, 308; 32, 68, 70). Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen der Verdacht einer Katalogtat von vornherein nicht bestanden hat (BGHSt 41, 30, 31). Die fehlerhafte Anordnung der ursprünglichen Telefonüberwachung würde deshalb hier dazu führen, daß sämtliche auf dieser rechtswidrigen Grundlage gewonnen Erkenntnisse nicht verwertet werden dürften. Der rechtliche Bewertungsfehler des Ermittlungsrichters wäre hier jedoch dann heilbar, wenn aufgrund der damaligen Beweislage der Verdacht auf Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB (Katalogtat gemäß § 100a Satz 1 Nr. 1 lit. c StPO) bestand. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben (wird ausgeführt). BGH, Beschluß vom 26. Februar 2003 – 5 StR 423/02 Strafverteidiger 2003, Seite 425

05.08.2003, Dr. Bachmann

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