BGH: Umsatzsteuerkarussell und kriminelle Vereinigung

Der Bundesgerichtshof hat zu der Frage Stellung genommen, ob bei einem bandenmäßig organisierten Umsatzsteuerkarussell auch eine kriminelle Vereinigung vorliegt. Er stellt fest, dass dafür stets die Bildung eines Gruppenwillens erforderlich ist, dem sich die Bandenmitglieder untergeordnet haben. Aus den Gründen: Das Landgericht hat die Voraussetzungen des § 129 StGB zu Recht verneint. Eine kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 Abs. 1 StGB ist ein im räumlichen Geltungsbereich des Grundgesetzes bestehender auf Dauer angelegter organisatorischer Zusammenschluß von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame (kriminelle) Zwecke verfolgen oder gemeinsame (kriminelle) Tätigkeiten entfalten und unter sich derart in Beziehung stehen, daß sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen. Eine solche Vereinigung setzt die Unterordnung des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit voraus. Wenn sich der einzelne nur dem Willen eines anderen Individuums unterordnet, repräsentiert der andere hier immer nur einen eigenen Willen, nicht den einer hinter ihm stehenden Mehrheit. Der bloße Wille mehrerer Personen, gemeinsam Straftaten zu begehen, verbindet diese, weil der Wille des einzelnen maßgeblich bleibt und die Unterordnung unter einen Gruppenwillen unterbleibt, noch nicht zu einer kriminellen Vereinigung. Dies gilt auch dann, wenn eine Person als Anführer eingesetzt wird, nach dem sich die anderen richten. Der Erfassung krimineller Erscheinungsformen dieser Art dienen Strafbestimmungen, welche die bandenmäßige Begehung bestimmter Straftaten mit höherer Strafe bedrohen. Das schließt nicht aus, daß dieser Gruppenwille darauf gerichtet ist, einem der Mitglieder die Entscheidungsbefugnisse zuzuweisen, mit der Folge, daß die anderen Mitglieder sich dessen Willen unterordnen (BGHR StGB § 129 Gruppenwille 1 m.w.N.). Eine entsprechende Struktur des Zusammenschlusses mit dem einer kriminellen Vereinigung genügenden Organisationsgrad hat das Landgericht – ungeachtet der bandenmäßigen Begehungsweise im Rahmen des „Umsatzsteuerkarussells“ – vorliegend nicht festgestellt. Die Urteilsfeststellungen hierzu sind – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin – auch nicht in einer Weise lückenhaft oder widersprüchlich, daß ein Eingreifen des Revisionsgerichts allein auf die Sachrüge geboten erscheint. Zwar können organisierte Steuerstraftaten unter bestimmten Voraussetzungen auch dem Begriff der kriminellen Vereinigung unterfallen (vgl. BGHSt 48, 240). Im Hinblick auf den durch das 34. StrÄndG vom 22. August 2002 (BGBl I 3390) neu eingeführten § 129b StGB i.V.m. § 370 Abs. 6 und Abs. 7 AO kann dies nunmehr auch für bestimmte unselbständige deutsche Teilorganisationen einer ausländischen kriminellen Vereinigung gelten, so daß etwa Ermittlungsmaßnahmen nach den §§ 100a ff. StPO zulässig sein können. Die Voraussetzungen für die Annahme einer kriminellen Vereinigung liegen indes hier nicht vor. Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.03.04 – 5 StR 364/03 –

03.05.2004, Dr. Bachmann

Der Bundesgerichtshof hat zu der Frage Stellung genommen, ob bei einem bandenmäßig organisierten Umsatzsteuerkarussell auch eine kriminelle Vereinigung vorliegt. Er stellt fest, dass dafür stets die Bildung eines Gruppenwillens erforderlich ist, dem sich die Bandenmitglieder untergeordnet haben. Aus den Gründen: Das Landgericht hat die Voraussetzungen des § 129 StGB zu Recht verneint. Eine kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 Abs. 1 StGB ist ein im räumlichen Geltungsbereich des Grundgesetzes bestehender auf Dauer angelegter organisatorischer Zusammenschluß von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame (kriminelle) Zwecke verfolgen oder gemeinsame (kriminelle) Tätigkeiten entfalten und unter sich derart in Beziehung stehen, daß sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen. Eine solche Vereinigung setzt die Unterordnung des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit voraus. Wenn sich der einzelne nur dem Willen eines anderen Individuums unterordnet, repräsentiert der andere hier immer nur einen eigenen Willen, nicht den einer hinter ihm stehenden Mehrheit. Der bloße Wille mehrerer Personen, gemeinsam Straftaten zu begehen, verbindet diese, weil der Wille des einzelnen maßgeblich bleibt und die Unterordnung unter einen Gruppenwillen unterbleibt, noch nicht zu einer kriminellen Vereinigung. Dies gilt auch dann, wenn eine Person als Anführer eingesetzt wird, nach dem sich die anderen richten. Der Erfassung krimineller Erscheinungsformen dieser Art dienen Strafbestimmungen, welche die bandenmäßige Begehung bestimmter Straftaten mit höherer Strafe bedrohen. Das schließt nicht aus, daß dieser Gruppenwille darauf gerichtet ist, einem der Mitglieder die Entscheidungsbefugnisse zuzuweisen, mit der Folge, daß die anderen Mitglieder sich dessen Willen unterordnen (BGHR StGB § 129 Gruppenwille 1 m.w.N.). Eine entsprechende Struktur des Zusammenschlusses mit dem einer kriminellen Vereinigung genügenden Organisationsgrad hat das Landgericht – ungeachtet der bandenmäßigen Begehungsweise im Rahmen des „Umsatzsteuerkarussells“ – vorliegend nicht festgestellt. Die Urteilsfeststellungen hierzu sind – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin – auch nicht in einer Weise lückenhaft oder widersprüchlich, daß ein Eingreifen des Revisionsgerichts allein auf die Sachrüge geboten erscheint. Zwar können organisierte Steuerstraftaten unter bestimmten Voraussetzungen auch dem Begriff der kriminellen Vereinigung unterfallen (vgl. BGHSt 48, 240). Im Hinblick auf den durch das 34. StrÄndG vom 22. August 2002 (BGBl I 3390) neu eingeführten § 129b StGB i.V.m. § 370 Abs. 6 und Abs. 7 AO kann dies nunmehr auch für bestimmte unselbständige deutsche Teilorganisationen einer ausländischen kriminellen Vereinigung gelten, so daß etwa Ermittlungsmaßnahmen nach den §§ 100a ff. StPO zulässig sein können. Die Voraussetzungen für die Annahme einer kriminellen Vereinigung liegen indes hier nicht vor. Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.03.04 – 5 StR 364/03 –

03.05.2004, Dr. Bachmann

Go back