BFH zum Nachweis des Zugangs von Verwaltungsakten bei Organisationsmängeln des steuerlichen Beraters

Bestreitet ein Steuerberater, den Steuerbescheid eines Mandanten erhalten zu haben, ist die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 auch dann widerlegt, wenn er kein Fristenkontrollbuch führt, sofern nicht weitere Indizien für den Zugang des Bescheides sprechen. Aus den Gründen Nach § 122 Abs. 2 AO 1977 gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes nachzuweisen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kann der Beweis über den Zugang des Steuerbescheides auf Indizien gestützt werden. Danach können bestimmte Verhaltensweisen des Steuerpflichtigen innerhalb eines längeren Zeitraums nach Absendung des Steuerbescheides im Zusammenhang mit dem Nachweis der Absendung vom FG im Wege der freien Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO dahin gehend gewürdigt werden, dass --entgegen der Behauptung des Steuerpflichtigen-- ihm der Steuerbescheid tatsächlich zugegangen ist. Für Einspruchsentscheidungen gilt das Gleiche. Auf den sog. Anscheinsbeweis, der auf einen typischen, nicht aber auf den tatsächlichen Geschehensablauf abstellt, kann der Zugangsnachweis nach § 122 Abs. 2 AO 1977 hingegen nicht gestützt werden. Ausgehend von diesen allgemeinen Beweisregeln ist die Entscheidung des FG, dem FA sei es nicht gelungen, den Nachweis der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2001 durch Indizien zu erbringen, nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das FG den Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin kein Posteingangsbuch bzw. Fristenkontrollbuch geführt hat, nicht als allein ausreichendes Indiz für den Zugang der Einspruchsentscheidung gewertet. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BFH ein Fristenkontrollbuch oder eine vergleichbare Einrichtung die unerlässliche Voraussetzung einer ordnungsmäßigen Büroorganisation zur Wahrung von Ausschlussfristen. Es genügt nicht, Schriftstücke, die zur Wahrung einer Rechtsmittelfrist eine termingebundene Erledigung erfordern, in sog. Terminmappen abzulegen. Die Folge dieses Organisationsmangels erschöpft sich jedoch darin, dass ein Berater sich bei einer Fristversäumung nicht zu entschuldigen vermag und eine Wiedereinsetzung nach § 56 FGO nicht gewährt werden kann. Dieser Organisationsmangel ersetzt aber nicht den Nachweis des Zugangs eines Verwaltungsaktes i.S. des § 122 Abs. 2 AO 1977. Er kann allenfalls --wie vom FG zutreffend ausgeführt-- die Indizien für einen Zugang verstärken. Solche weiteren Indizien hat das FA jedoch nach den Feststellungen des FG, gegen die das FA keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben hat und an die der Senat daher gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Bundesfinanzhof, Urteil vom 31. Mai 2005 I R 103/04

17.08.2005, Dr. Bachmann

Bestreitet ein Steuerberater, den Steuerbescheid eines Mandanten erhalten zu haben, ist die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 auch dann widerlegt, wenn er kein Fristenkontrollbuch führt, sofern nicht weitere Indizien für den Zugang des Bescheides sprechen. Aus den Gründen Nach § 122 Abs. 2 AO 1977 gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes nachzuweisen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kann der Beweis über den Zugang des Steuerbescheides auf Indizien gestützt werden. Danach können bestimmte Verhaltensweisen des Steuerpflichtigen innerhalb eines längeren Zeitraums nach Absendung des Steuerbescheides im Zusammenhang mit dem Nachweis der Absendung vom FG im Wege der freien Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO dahin gehend gewürdigt werden, dass --entgegen der Behauptung des Steuerpflichtigen-- ihm der Steuerbescheid tatsächlich zugegangen ist. Für Einspruchsentscheidungen gilt das Gleiche. Auf den sog. Anscheinsbeweis, der auf einen typischen, nicht aber auf den tatsächlichen Geschehensablauf abstellt, kann der Zugangsnachweis nach § 122 Abs. 2 AO 1977 hingegen nicht gestützt werden. Ausgehend von diesen allgemeinen Beweisregeln ist die Entscheidung des FG, dem FA sei es nicht gelungen, den Nachweis der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2001 durch Indizien zu erbringen, nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das FG den Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin kein Posteingangsbuch bzw. Fristenkontrollbuch geführt hat, nicht als allein ausreichendes Indiz für den Zugang der Einspruchsentscheidung gewertet. Zwar ist nach der Rechtsprechung des BFH ein Fristenkontrollbuch oder eine vergleichbare Einrichtung die unerlässliche Voraussetzung einer ordnungsmäßigen Büroorganisation zur Wahrung von Ausschlussfristen. Es genügt nicht, Schriftstücke, die zur Wahrung einer Rechtsmittelfrist eine termingebundene Erledigung erfordern, in sog. Terminmappen abzulegen. Die Folge dieses Organisationsmangels erschöpft sich jedoch darin, dass ein Berater sich bei einer Fristversäumung nicht zu entschuldigen vermag und eine Wiedereinsetzung nach § 56 FGO nicht gewährt werden kann. Dieser Organisationsmangel ersetzt aber nicht den Nachweis des Zugangs eines Verwaltungsaktes i.S. des § 122 Abs. 2 AO 1977. Er kann allenfalls --wie vom FG zutreffend ausgeführt-- die Indizien für einen Zugang verstärken. Solche weiteren Indizien hat das FA jedoch nach den Feststellungen des FG, gegen die das FA keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben hat und an die der Senat daher gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Bundesfinanzhof, Urteil vom 31. Mai 2005 I R 103/04

17.08.2005, Dr. Bachmann

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