BFH zu den Vorlagepflichten eines Berufsgeheimnisträgers (Rechtsanwalt, Steuerberater) im Rahmen einer ihn betreffenden Außenprüfung

1. Lässt sich der Regelungsgehalt eines Verlangens zur Vorlage von Unterlagen auch nicht durch Auslegung unter Berücksichtigung der dem Adressaten bekannten Umstände hinreichend klar ermitteln, ist das Verlangen rechtswidrig und nicht nach §§ 328 ff. AO vollstreckbar.

2. Ein Vorlageverlangen ist in der Regel übermäßig und damit rechtswidrig, wenn es sich auf Unterlagen richtet, deren Existenz beim Steuerpflichtigen ihrer Art nach nicht erwartet werden kann.

3. Vorlageverweigerungsrechte aus § 104 Abs. 1 AO bestehen auch in der beim Berufsgeheimnisträger (Rechtsanwalt, Steuerberater usw.) selbst stattfindenden Außenprüfung, jedoch kann das FA grundsätzlich die Vorlage der zur Prüfung erforderlich erscheinenden Unterlagen in neutralisierter Form verlangen.

Aus den Gründen

b) Im Rahmen der angeordneten Prüfung durfte das FA grundsätzlich auch die Vorlage von Unterlagen vom Kläger verlangen. Seine Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater und Notar stand einer Prüfung nicht entgegen. Die Außenprüfung ist auch bei Personen zulässig, die Berufsgeheimnisse wahren müssen (s. zuletzt Senatsurteil vom 8. April 2008 VIII R 61/06, BFHE 220, 313, BStBl II 2009, 579, m.w.N.); auch der von einer Außenprüfung betroffene Berufsgeheimnisträger muss deshalb grundsätzlich nach § 200 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO bei der Ermittlung der für die Besteuerung erheblichen Sachverhalte mitwirken. Er hat insbesondere Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, ggf. Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen und die zum Verständnis der Aufzeichnungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§ 200 Abs. 1 Satz 2 AO). § 200 Abs. 1 AO bestimmt die Mitwirkungspflichten für das Außenprüfungsverfahren als speziellere Vorschrift gegenüber den allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkungs- und Vorlagepflichten nach § 90 Abs. 1 Satz 1 und § 97 AO (vgl. Eckhoff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 200 AO Rz 52 f.). Grenzen einer Inanspruchnahme aufgrund der Mitwirkungspflicht ergeben sich daraus, dass die Finanzbehörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflicht zur Sachverhaltsermittlung (§ 88 Abs. 1 AO) nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, ob und in welcher Form sie die Mitwirkung des Steuerpflichtigen in Anspruch nimmt.

Die Ermessensentscheidung des FA ist nach § 102 Satz 1 FGO vom Gericht daraufhin zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Eine Mitwirkung darf nur verlangt werden, soweit sie zur Feststellung des steuererheblichen Sachverhalts notwendig, verhältnismäßig, erfüllbar und zumutbar ist. Der Umfang der Ermittlungspflicht des FA wie auch der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bestimmt sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalles (§§ 88 Abs. 1 Satz 3, 90 Abs. 1 Satz 3, 200 AO).

c) Unter Beachtung dieser Grundsätze waren die Aufforderungen zur Vorlage der "Kassenbücher bzw. Kassenberichte" im Bescheid 1 und der "Aufzeichnungen über die durchlaufenden Posten und die Unterlagen über die Umbuchungen" im Bescheid 2 rechtswidrig.

Der Kläger war nicht buchführungspflichtig; § 141 AO findet auf die freien Berufe keine Anwendung. Er hat seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. Er war deshalb weder verpflichtet, ein Kassenbuch zu führen oder Kassenberichte zu erstellen noch Umbuchungen vorzunehmen und aufzuzeichnen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die den Kläger treffenden Aufzeichnungspflichten nach § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) eine Aufzeichnung durchlaufender Posten (§ 10 Abs. 1 Satz 6 UStG) gebieten. Dass er freiwillig Bücher geführt hätte, ist nicht festgestellt. Geht man angesichts dessen davon aus, dass die genannten Vorlageverlangen sich auf etwas objektiv nicht Vorhandenes richteten, waren sie nichtig gemäß § 125 Abs. 2 Nr. 2 AO. Für den Fall, dass der Kläger Kassenbücher, Kassenberichte sowie Aufzeichnungen über durchlaufende Posten und Umbuchungen freiwillig geführt haben sollte, war deren mit der Androhung von Zwangsgeldern verbundene Anforderung unverhältnismäßig, solange aus anderen angeforderten Unterlagen (Ausgangsrechnungen, Eingangsrechnungen, Kontoauszüge, Belege zu den baren Geschäftsvorfällen, detaillierte Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben) nach Art und Umfang ausreichende Erkenntnisse zu erwarten waren und die Existenz weiterer freiwillig geführter Buchführungsunterlagen nicht festgestellt war. Trotz des einschränkungslosen Wortlauts des § 200 Abs. 1 Satz 2 AO beschränken sich Vorlagepflicht des Steuerpflichtigen und Vorlageanspruch des FA regelmäßig auf die typischerweise erwartbaren Unterlagen. Dies schließt nicht aus, dass, wenn die Existenz typischerweise nicht zu erwartender Unterlagen bekannt ist, die besonderen Umstände im Einzelfall die Vorlage dieser Unterlagen gebieten könnten.

4. Im Übrigen waren die Vorlageverlangen rechtmäßig.

a) Bei freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen wie dem Kläger ist eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO ohne weitere Voraussetzungen zulässig. Bei Prüfungsanordnungen, die auf § 193 Abs. 1 AO beruhen, genügt in der Regel der Hinweis auf die Vorschrift als Begründung der Außenprüfung (s. BFH-Urteil vom 2. Oktober 1991 X R 89/89, BFHE 166, 105, 111, BStBl II 1992, 220, 223). Ist die Prüfung --wie hier-- bestandskräftig angeordnet, bedarf auch die Anforderung der Vorlage von Unterlagen zur Prüfung, hinsichtlich derer den Steuerpflichtigen nach § 200 Abs. 1 Satz 2 AO eine Vorlagepflicht trifft, grundsätzlich keiner weiteren Begründung; jedenfalls genügt der Hinweis auf die Vorschrift, wie er hier in den Einspruchsentscheidungen erfolgt ist. Der Streitfall weist keine Besonderheiten auf, die eine andere Beurteilung erforderten. Dies gilt auch hinsichtlich der geltend gemachten Vorlageverweigerungsrechte (s. dazu unter II.4.g der Gründe dieses Urteils).

c) Da der Kläger die Vorlage von Unterlagen zuvor umfassend verweigert hatte, kann der Versuch des FA, über umfängliche Vorlageverlangen eine sachliche Prüfungsbasis zu schaffen, im konkreten Einzelfall nicht als unangemessen oder unverhältnismäßig angesehen werden. Das FA war nicht gehalten, die Steuererklärungen des Klägers prüfungslos zu akzeptieren (s. dazu unter II.3.b der Gründe dieses Urteils) oder sich statt des Bemühens um Sachaufklärung auf die Möglichkeit einer (ergänzenden) Schätzung von Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO verweisen zu lassen (vgl. BFH-Urteil vom 23. August 1994 VII R 143/92, BFHE 175, 309, 317, BStBl II 1995, 194, 198). Die Offenlegung steuererheblicher Vorgänge aus der Sphäre des Beteiligten, über die nur er Bescheid weiß oder doch am besten Bescheid weiß, ist im Allgemeinen zumutbar (Söhn in HHSp, § 90 AO Rz 106). Der Steuerpflichtige ist primärer Wissensträger und hat die größte Beweisnähe; ohne die verschiedenen Mitwirkungspflichten müsste eine gleichmäßige Durchsetzung der Steueransprüche nach Maßgabe der Gesetze scheitern (Söhn in HHSp, § 90 AO Rz 24).

Entgegen dem pauschalen Einwand des Klägers ist nicht ersichtlich, mit welchen "milderen" Mitteln das FA die Sachaufklärung im Rahmen der Außenprüfung hätte betreiben können und sollen.

d) Die Rechtmäßigkeit der übrigen Vorlageverlangen wird nicht dadurch berührt, dass sie sich auch auf solche Unterlagen bezogen, für die keine Aufbewahrungspflichten bestanden, die also freiwillig aufbewahrt wurden (Eckhoff in HHSp, § 200 AO Rz 81; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 93 AO Rz 19; vgl. schon Beschluss des Großen Senats des BFH vom 13. Februar 1968 GrS 5/67, BFHE 91, 351, BStBl II 1968, 365 zu § 195 der Reichsabgabenordnung; a.A. Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 200 AO Rz 10; Drüen, Steuerberater-Jahrbuch 2006/2007, 273, 285 ff.). Dieses Gesetzesverständnis folgt dem Wortlaut des § 200 Abs. 1 Satz 2 AO, der keine Einschränkungen enthält, insbesondere keine Akzessorietät zu Aufbewahrungspflichten herstellt, wie dies etwa in § 147 Abs. 6 AO der Fall ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BFHE 225, 302). Der Ermittlung der Verhältnisse des Steuerpflichtigen dient die Anforderung von Urkunden auch dann, wenn keine entsprechende Aufbewahrungspflicht besteht, diese Urkunden aber vorhanden sind und folglich vorgelegt werden können (Eckhoff in HHSp, § 200 AO Rz 81). Dabei geht es nicht um eine unangemessene Benachteiligung des überobligationsmäßig aufbewahrenden Steuerpflichtigen, sondern um die Ermöglichung der Auswertung des Vorhandenen im Sinne der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.

e) Die Rechtmäßigkeit der übrigen Vorlageverlangen wie auch der darauf gegründeten Zwangsgeldfestsetzungen wird nicht dadurch berührt, dass dem Kläger zu einem späteren Zeitpunkt infolge der Beschlagnahme der Unterlagen deren Vorlage subjektiv unmöglich geworden ist.

f) Auch der Umstand der nachfolgenden Einleitung eines Steuerstrafverfahrens stellt die Beurteilung der Vorlageverlangen nicht infrage. Die Einleitung des Strafverfahrens war dem FG offensichtlich nicht bekannt und ist als neuer Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren gemäß § 118 Abs. 2 FGO nicht zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung, s. aus jüngerer Zeit BFH-Urteil vom 25. Januar 2005 I R 52/03, BFHE 209, 5, BStBl II 2005, 514; Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 36, mit zahlreichen Nachweisen). Im Übrigen entbindet das Steuerstrafverfahren den Steuerpflichtigen nicht von der Mitwirkungspflicht im Besteuerungsverfahren (Klein/Jäger, a.a.O., § 393 Rz 1), seine Mitwirkung kann nur nicht erzwungen werden. Im Streitfall ist das Zwangsmittelverbot nach § 393 Abs. 1 Satz 2 AO aber unerheblich, da die gegenüber dem Kläger angedrohten Zwangsgelder im Zeitpunkt der Einleitung des Strafverfahrens bereits vollzogen waren.

Die vom Kläger befürwortete entsprechende Anwendung des § 393 AO im Hinblick auf eine von ihm behauptete Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 des Strafgesetzbuchs) im Falle einer Befolgung der Vorlageverlangen kommt nicht in Betracht, da eine Gesetzeslücke nicht ersichtlich ist.

g) Das FA war nicht gehalten, von seinen Vorlageverlangen und deren Durchsetzung im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten Verweigerungsrechte aus §§ 102, 104 AO Abstand zu nehmen.

aa) Nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO können u.a. Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater die Auskunft über das verweigern, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden ist. Nach § 104 Abs. 1 Satz 1 AO können diejenigen Personen, die die Auskunft verweigern dürfen, auch die Vorlage von Urkunden verweigern. Dabei besteht allerdings kein umfassendes Verweigerungsrecht, sondern nur ein jeweils auf die einzelne Unterlage bezogenes.

bb) Hingegen leitet der Kläger aus seiner Eigenschaft als Berufsgeheimnisträger ab, dass er nicht verpflichtet sei, irgendwelche Unterlagen vorzulegen. Er hat den Vorlageverlangen des FA in keinem einzigen Punkt entsprochen. Diese Auffassung ist nicht in Einklang zu bringen mit der Rechtsprechung des BFH, dass eine Betriebsprüfung auch gegenüber Personen zulässig ist, die Berufsgeheimnisse wahren müssen (s. unter II.3.b der Gründe dieses Urteils); wäre der Steuerpflichtige befugt, jedwede Unterlagen zurückzuhalten und insoweit nicht an der Prüfung mitzuwirken, würde eine Außenprüfung faktisch vereitelt.

cc) Von vornherein nicht in Betracht kommen Verweigerungsrechte nach § 104 AO, soweit es um die Vorlage von Unterlagen geht, durch die nichts offenbart wird, was dem Kläger in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt, Notar oder Steuerberater anvertraut worden oder bekannt geworden ist. Das betrifft vor allem die Unterlagen über die Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung, sowie Kontoauszüge, die keine betrieblichen Vorgänge ausweisen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die angeforderten Eingangsrechnungen mandantenbezogene Informationen enthalten könnten, die der beruflichen Verschwiegenheitspflicht des Klägers unterliegen.

dd) Hingegen gibt es angeforderte Unterlagen, wie etwa die Ausgangsrechnungen, bei denen davon auszugehen ist, dass ihnen regelmäßig die Identität des Mandanten wie auch die Tatsache seiner Beratung zu entnehmen ist. Nach neuerer Rechtsprechung des BFH unterfallen auch diese Angaben dem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO. Dabei hat der BFH die Rechtsprechungsgrundsätze zu dem mit § 102 AO weitestgehend gleich gestalteten § 53 Abs. 1 der Strafprozessordnung zur Bestimmung des Umfangs des Verweigerungsrechts herangezogen. Für ein Vorlageverlangen bedeutet dies, dass trotz der dem Grunde nach bestehenden Vorlagepflicht die zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Person der Finanzbehörde grundsätzlich die Einsicht in alle Daten verweigern darf, auf die sich ihr Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 AO erstreckt, und die mandantenbezogenen Informationen zurückhalten darf.

Diesem Grundsatz steht das BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IV R 50/01 (BFHE 205, 234, BStBl II 2004, 502) nicht entgegen, da es einen besonders gelagerten Sachverhalt betrifft. Nach dieser Entscheidung dürfen Rechtsanwälte die nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG erforderlichen Angaben zu Teilnehmern und Anlass einer Bewirtung in der Regel nicht unter Berufung auf die anwaltliche Schweigepflicht verweigern. Vor dem Hintergrund, dass die Angaben zum Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung für den Abzug der Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben sind (ständige Rechtsprechung, s. BFH-Urteile in BFHE 205, 234, BStBl II 2004, 502; vom 1. September 1998 VIII R 46/93, BFH/NV 1999, 596, jeweils m.w.N. ), ist der BFH dort von einer konkludenten Einwilligung des Bewirteten in die Offenbarung ausgegangen.

Auch der Umstand, dass es im Streitfall um die eigenen steuerlichen Belange des Berufsgeheimnisträgers geht, führt insoweit zu keiner Ausnahme vom Mitwirkungsverweigerungsrecht. Das Gesetz schützt das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt oder Steuerberater und seinem Mandanten (BFH-Urteil in BFHE 198, 319, BStBl II 2002, 712). Für den Schutz des Vertrauensverhältnisses oder seine Gefährdung macht es keinen Unterschied, in welchem Steuerrechtsverhältnis es zu einer Offenbarung der mandantenbezogenen Informationen gegenüber der Finanzverwaltung kommt. § 102 AO gilt deshalb für eigene und fremde Steuersachen des Berufsträgers.

Jedoch gilt das Verweigerungsrecht nicht für Mandanten, die auf eine Geheimhaltung ihrer Identität verzichtet haben; ein solcher Verzicht ist in aller Regel dort anzunehmen, wo der Berufsträger an der Erstellung von Steuererklärungen seiner Mandanten mitgewirkt und dies der Finanzbehörde gegenüber kenntlich gemacht hat. Kein Verweigerungsrecht besteht zudem, soweit der Kläger nach seinen eigenen Angaben für eine Reihe von Mandanten Klageverfahren beim FG und Amtshaftungsprozesse gegen das FA geführt und in Sachen von Mandanten Dienstaufsichtsbeschwerden beim FA erhoben hat, da auch insoweit die Identität der Mandanten und ein Beratungsverhältnis bereits offenkundig ist.

ee) Nach diesen Maßstäben ist für den Streitfall davon auszugehen, dass nur ein überschaubarer Teil der vom FA angeforderten Unterlagen von den Vorlageverweigerungsrechten aus § 104 AO betroffen war.

Insoweit hat das FG die Vorgehensweise des FA zutreffend deshalb als rechtmäßig beurteilt, weil das FA sein Vorlageverlangen dahin beschränkt hatte, dass die Vorlage unter Wahrung der berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des Klägers, das heißt in neutralisierter Form, zu erfolgen habe. Der Senat folgt dem FG auch insoweit, als es die im Bescheid 1 angeführte Möglichkeit einer Schwärzung nur als Beispiel dafür angesehen hat, wie mandantenbezogene Daten, die der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, geschützt werden könnten. Indem das FA auf "das Recht" zur Schwärzung mandantenbezogener Daten hingewiesen hat, hat es keine Regelung getroffen, wonach nur diese --vom Kläger für technisch ungenügend erachtete-- Form der Wahrung des Geheimhaltungsinteresses möglich und zulässig gewesen wäre. Dies hätte sich bei verständiger Würdigung auch dem sach- und fachkundigen Kläger erschließen müssen. Zu Recht hat deshalb das FG auch erkannt, dass angesichts der größeren Sachnähe des Klägers nähere Angaben des FA über die Art, wie das Geheimhaltungsinteresse beim Kläger gewahrt werden konnte, nicht erforderlich waren.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. Oktober 2009 VIII R 78/05
www.bundesfinanzhof.de


 

 

19.02.2010, Dr. Jochen Bachmann

1. Lässt sich der Regelungsgehalt eines Verlangens zur Vorlage von Unterlagen auch nicht durch Auslegung unter Berücksichtigung der dem Adressaten bekannten Umstände hinreichend klar ermitteln, ist das Verlangen rechtswidrig und nicht nach §§ 328 ff. AO vollstreckbar.

2. Ein Vorlageverlangen ist in der Regel übermäßig und damit rechtswidrig, wenn es sich auf Unterlagen richtet, deren Existenz beim Steuerpflichtigen ihrer Art nach nicht erwartet werden kann.

3. Vorlageverweigerungsrechte aus § 104 Abs. 1 AO bestehen auch in der beim Berufsgeheimnisträger (Rechtsanwalt, Steuerberater usw.) selbst stattfindenden Außenprüfung, jedoch kann das FA grundsätzlich die Vorlage der zur Prüfung erforderlich erscheinenden Unterlagen in neutralisierter Form verlangen.

Aus den Gründen

b) Im Rahmen der angeordneten Prüfung durfte das FA grundsätzlich auch die Vorlage von Unterlagen vom Kläger verlangen. Seine Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater und Notar stand einer Prüfung nicht entgegen. Die Außenprüfung ist auch bei Personen zulässig, die Berufsgeheimnisse wahren müssen (s. zuletzt Senatsurteil vom 8. April 2008 VIII R 61/06, BFHE 220, 313, BStBl II 2009, 579, m.w.N.); auch der von einer Außenprüfung betroffene Berufsgeheimnisträger muss deshalb grundsätzlich nach § 200 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO bei der Ermittlung der für die Besteuerung erheblichen Sachverhalte mitwirken. Er hat insbesondere Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, ggf. Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen und die zum Verständnis der Aufzeichnungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§ 200 Abs. 1 Satz 2 AO). § 200 Abs. 1 AO bestimmt die Mitwirkungspflichten für das Außenprüfungsverfahren als speziellere Vorschrift gegenüber den allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkungs- und Vorlagepflichten nach § 90 Abs. 1 Satz 1 und § 97 AO (vgl. Eckhoff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 200 AO Rz 52 f.). Grenzen einer Inanspruchnahme aufgrund der Mitwirkungspflicht ergeben sich daraus, dass die Finanzbehörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflicht zur Sachverhaltsermittlung (§ 88 Abs. 1 AO) nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, ob und in welcher Form sie die Mitwirkung des Steuerpflichtigen in Anspruch nimmt.

Die Ermessensentscheidung des FA ist nach § 102 Satz 1 FGO vom Gericht daraufhin zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Eine Mitwirkung darf nur verlangt werden, soweit sie zur Feststellung des steuererheblichen Sachverhalts notwendig, verhältnismäßig, erfüllbar und zumutbar ist. Der Umfang der Ermittlungspflicht des FA wie auch der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bestimmt sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalles (§§ 88 Abs. 1 Satz 3, 90 Abs. 1 Satz 3, 200 AO).

c) Unter Beachtung dieser Grundsätze waren die Aufforderungen zur Vorlage der "Kassenbücher bzw. Kassenberichte" im Bescheid 1 und der "Aufzeichnungen über die durchlaufenden Posten und die Unterlagen über die Umbuchungen" im Bescheid 2 rechtswidrig.

Der Kläger war nicht buchführungspflichtig; § 141 AO findet auf die freien Berufe keine Anwendung. Er hat seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. Er war deshalb weder verpflichtet, ein Kassenbuch zu führen oder Kassenberichte zu erstellen noch Umbuchungen vorzunehmen und aufzuzeichnen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die den Kläger treffenden Aufzeichnungspflichten nach § 22 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) eine Aufzeichnung durchlaufender Posten (§ 10 Abs. 1 Satz 6 UStG) gebieten. Dass er freiwillig Bücher geführt hätte, ist nicht festgestellt. Geht man angesichts dessen davon aus, dass die genannten Vorlageverlangen sich auf etwas objektiv nicht Vorhandenes richteten, waren sie nichtig gemäß § 125 Abs. 2 Nr. 2 AO. Für den Fall, dass der Kläger Kassenbücher, Kassenberichte sowie Aufzeichnungen über durchlaufende Posten und Umbuchungen freiwillig geführt haben sollte, war deren mit der Androhung von Zwangsgeldern verbundene Anforderung unverhältnismäßig, solange aus anderen angeforderten Unterlagen (Ausgangsrechnungen, Eingangsrechnungen, Kontoauszüge, Belege zu den baren Geschäftsvorfällen, detaillierte Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben) nach Art und Umfang ausreichende Erkenntnisse zu erwarten waren und die Existenz weiterer freiwillig geführter Buchführungsunterlagen nicht festgestellt war. Trotz des einschränkungslosen Wortlauts des § 200 Abs. 1 Satz 2 AO beschränken sich Vorlagepflicht des Steuerpflichtigen und Vorlageanspruch des FA regelmäßig auf die typischerweise erwartbaren Unterlagen. Dies schließt nicht aus, dass, wenn die Existenz typischerweise nicht zu erwartender Unterlagen bekannt ist, die besonderen Umstände im Einzelfall die Vorlage dieser Unterlagen gebieten könnten.

4. Im Übrigen waren die Vorlageverlangen rechtmäßig.

a) Bei freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen wie dem Kläger ist eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO ohne weitere Voraussetzungen zulässig. Bei Prüfungsanordnungen, die auf § 193 Abs. 1 AO beruhen, genügt in der Regel der Hinweis auf die Vorschrift als Begründung der Außenprüfung (s. BFH-Urteil vom 2. Oktober 1991 X R 89/89, BFHE 166, 105, 111, BStBl II 1992, 220, 223). Ist die Prüfung --wie hier-- bestandskräftig angeordnet, bedarf auch die Anforderung der Vorlage von Unterlagen zur Prüfung, hinsichtlich derer den Steuerpflichtigen nach § 200 Abs. 1 Satz 2 AO eine Vorlagepflicht trifft, grundsätzlich keiner weiteren Begründung; jedenfalls genügt der Hinweis auf die Vorschrift, wie er hier in den Einspruchsentscheidungen erfolgt ist. Der Streitfall weist keine Besonderheiten auf, die eine andere Beurteilung erforderten. Dies gilt auch hinsichtlich der geltend gemachten Vorlageverweigerungsrechte (s. dazu unter II.4.g der Gründe dieses Urteils).

c) Da der Kläger die Vorlage von Unterlagen zuvor umfassend verweigert hatte, kann der Versuch des FA, über umfängliche Vorlageverlangen eine sachliche Prüfungsbasis zu schaffen, im konkreten Einzelfall nicht als unangemessen oder unverhältnismäßig angesehen werden. Das FA war nicht gehalten, die Steuererklärungen des Klägers prüfungslos zu akzeptieren (s. dazu unter II.3.b der Gründe dieses Urteils) oder sich statt des Bemühens um Sachaufklärung auf die Möglichkeit einer (ergänzenden) Schätzung von Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO verweisen zu lassen (vgl. BFH-Urteil vom 23. August 1994 VII R 143/92, BFHE 175, 309, 317, BStBl II 1995, 194, 198). Die Offenlegung steuererheblicher Vorgänge aus der Sphäre des Beteiligten, über die nur er Bescheid weiß oder doch am besten Bescheid weiß, ist im Allgemeinen zumutbar (Söhn in HHSp, § 90 AO Rz 106). Der Steuerpflichtige ist primärer Wissensträger und hat die größte Beweisnähe; ohne die verschiedenen Mitwirkungspflichten müsste eine gleichmäßige Durchsetzung der Steueransprüche nach Maßgabe der Gesetze scheitern (Söhn in HHSp, § 90 AO Rz 24).

Entgegen dem pauschalen Einwand des Klägers ist nicht ersichtlich, mit welchen "milderen" Mitteln das FA die Sachaufklärung im Rahmen der Außenprüfung hätte betreiben können und sollen.

d) Die Rechtmäßigkeit der übrigen Vorlageverlangen wird nicht dadurch berührt, dass sie sich auch auf solche Unterlagen bezogen, für die keine Aufbewahrungspflichten bestanden, die also freiwillig aufbewahrt wurden (Eckhoff in HHSp, § 200 AO Rz 81; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 93 AO Rz 19; vgl. schon Beschluss des Großen Senats des BFH vom 13. Februar 1968 GrS 5/67, BFHE 91, 351, BStBl II 1968, 365 zu § 195 der Reichsabgabenordnung; a.A. Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 200 AO Rz 10; Drüen, Steuerberater-Jahrbuch 2006/2007, 273, 285 ff.). Dieses Gesetzesverständnis folgt dem Wortlaut des § 200 Abs. 1 Satz 2 AO, der keine Einschränkungen enthält, insbesondere keine Akzessorietät zu Aufbewahrungspflichten herstellt, wie dies etwa in § 147 Abs. 6 AO der Fall ist (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. Juni 2009 VIII R 80/06, BFHE 225, 302). Der Ermittlung der Verhältnisse des Steuerpflichtigen dient die Anforderung von Urkunden auch dann, wenn keine entsprechende Aufbewahrungspflicht besteht, diese Urkunden aber vorhanden sind und folglich vorgelegt werden können (Eckhoff in HHSp, § 200 AO Rz 81). Dabei geht es nicht um eine unangemessene Benachteiligung des überobligationsmäßig aufbewahrenden Steuerpflichtigen, sondern um die Ermöglichung der Auswertung des Vorhandenen im Sinne der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.

e) Die Rechtmäßigkeit der übrigen Vorlageverlangen wie auch der darauf gegründeten Zwangsgeldfestsetzungen wird nicht dadurch berührt, dass dem Kläger zu einem späteren Zeitpunkt infolge der Beschlagnahme der Unterlagen deren Vorlage subjektiv unmöglich geworden ist.

f) Auch der Umstand der nachfolgenden Einleitung eines Steuerstrafverfahrens stellt die Beurteilung der Vorlageverlangen nicht infrage. Die Einleitung des Strafverfahrens war dem FG offensichtlich nicht bekannt und ist als neuer Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren gemäß § 118 Abs. 2 FGO nicht zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung, s. aus jüngerer Zeit BFH-Urteil vom 25. Januar 2005 I R 52/03, BFHE 209, 5, BStBl II 2005, 514; Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 36, mit zahlreichen Nachweisen). Im Übrigen entbindet das Steuerstrafverfahren den Steuerpflichtigen nicht von der Mitwirkungspflicht im Besteuerungsverfahren (Klein/Jäger, a.a.O., § 393 Rz 1), seine Mitwirkung kann nur nicht erzwungen werden. Im Streitfall ist das Zwangsmittelverbot nach § 393 Abs. 1 Satz 2 AO aber unerheblich, da die gegenüber dem Kläger angedrohten Zwangsgelder im Zeitpunkt der Einleitung des Strafverfahrens bereits vollzogen waren.

Die vom Kläger befürwortete entsprechende Anwendung des § 393 AO im Hinblick auf eine von ihm behauptete Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 des Strafgesetzbuchs) im Falle einer Befolgung der Vorlageverlangen kommt nicht in Betracht, da eine Gesetzeslücke nicht ersichtlich ist.

g) Das FA war nicht gehalten, von seinen Vorlageverlangen und deren Durchsetzung im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachten Verweigerungsrechte aus §§ 102, 104 AO Abstand zu nehmen.

aa) Nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO können u.a. Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater die Auskunft über das verweigern, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden ist. Nach § 104 Abs. 1 Satz 1 AO können diejenigen Personen, die die Auskunft verweigern dürfen, auch die Vorlage von Urkunden verweigern. Dabei besteht allerdings kein umfassendes Verweigerungsrecht, sondern nur ein jeweils auf die einzelne Unterlage bezogenes.

bb) Hingegen leitet der Kläger aus seiner Eigenschaft als Berufsgeheimnisträger ab, dass er nicht verpflichtet sei, irgendwelche Unterlagen vorzulegen. Er hat den Vorlageverlangen des FA in keinem einzigen Punkt entsprochen. Diese Auffassung ist nicht in Einklang zu bringen mit der Rechtsprechung des BFH, dass eine Betriebsprüfung auch gegenüber Personen zulässig ist, die Berufsgeheimnisse wahren müssen (s. unter II.3.b der Gründe dieses Urteils); wäre der Steuerpflichtige befugt, jedwede Unterlagen zurückzuhalten und insoweit nicht an der Prüfung mitzuwirken, würde eine Außenprüfung faktisch vereitelt.

cc) Von vornherein nicht in Betracht kommen Verweigerungsrechte nach § 104 AO, soweit es um die Vorlage von Unterlagen geht, durch die nichts offenbart wird, was dem Kläger in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt, Notar oder Steuerberater anvertraut worden oder bekannt geworden ist. Das betrifft vor allem die Unterlagen über die Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung, sowie Kontoauszüge, die keine betrieblichen Vorgänge ausweisen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die angeforderten Eingangsrechnungen mandantenbezogene Informationen enthalten könnten, die der beruflichen Verschwiegenheitspflicht des Klägers unterliegen.

dd) Hingegen gibt es angeforderte Unterlagen, wie etwa die Ausgangsrechnungen, bei denen davon auszugehen ist, dass ihnen regelmäßig die Identität des Mandanten wie auch die Tatsache seiner Beratung zu entnehmen ist. Nach neuerer Rechtsprechung des BFH unterfallen auch diese Angaben dem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO. Dabei hat der BFH die Rechtsprechungsgrundsätze zu dem mit § 102 AO weitestgehend gleich gestalteten § 53 Abs. 1 der Strafprozessordnung zur Bestimmung des Umfangs des Verweigerungsrechts herangezogen. Für ein Vorlageverlangen bedeutet dies, dass trotz der dem Grunde nach bestehenden Vorlagepflicht die zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Person der Finanzbehörde grundsätzlich die Einsicht in alle Daten verweigern darf, auf die sich ihr Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 AO erstreckt, und die mandantenbezogenen Informationen zurückhalten darf.

Diesem Grundsatz steht das BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IV R 50/01 (BFHE 205, 234, BStBl II 2004, 502) nicht entgegen, da es einen besonders gelagerten Sachverhalt betrifft. Nach dieser Entscheidung dürfen Rechtsanwälte die nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG erforderlichen Angaben zu Teilnehmern und Anlass einer Bewirtung in der Regel nicht unter Berufung auf die anwaltliche Schweigepflicht verweigern. Vor dem Hintergrund, dass die Angaben zum Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung für den Abzug der Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben sind (ständige Rechtsprechung, s. BFH-Urteile in BFHE 205, 234, BStBl II 2004, 502; vom 1. September 1998 VIII R 46/93, BFH/NV 1999, 596, jeweils m.w.N. ), ist der BFH dort von einer konkludenten Einwilligung des Bewirteten in die Offenbarung ausgegangen.

Auch der Umstand, dass es im Streitfall um die eigenen steuerlichen Belange des Berufsgeheimnisträgers geht, führt insoweit zu keiner Ausnahme vom Mitwirkungsverweigerungsrecht. Das Gesetz schützt das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt oder Steuerberater und seinem Mandanten (BFH-Urteil in BFHE 198, 319, BStBl II 2002, 712). Für den Schutz des Vertrauensverhältnisses oder seine Gefährdung macht es keinen Unterschied, in welchem Steuerrechtsverhältnis es zu einer Offenbarung der mandantenbezogenen Informationen gegenüber der Finanzverwaltung kommt. § 102 AO gilt deshalb für eigene und fremde Steuersachen des Berufsträgers.

Jedoch gilt das Verweigerungsrecht nicht für Mandanten, die auf eine Geheimhaltung ihrer Identität verzichtet haben; ein solcher Verzicht ist in aller Regel dort anzunehmen, wo der Berufsträger an der Erstellung von Steuererklärungen seiner Mandanten mitgewirkt und dies der Finanzbehörde gegenüber kenntlich gemacht hat. Kein Verweigerungsrecht besteht zudem, soweit der Kläger nach seinen eigenen Angaben für eine Reihe von Mandanten Klageverfahren beim FG und Amtshaftungsprozesse gegen das FA geführt und in Sachen von Mandanten Dienstaufsichtsbeschwerden beim FA erhoben hat, da auch insoweit die Identität der Mandanten und ein Beratungsverhältnis bereits offenkundig ist.

ee) Nach diesen Maßstäben ist für den Streitfall davon auszugehen, dass nur ein überschaubarer Teil der vom FA angeforderten Unterlagen von den Vorlageverweigerungsrechten aus § 104 AO betroffen war.

Insoweit hat das FG die Vorgehensweise des FA zutreffend deshalb als rechtmäßig beurteilt, weil das FA sein Vorlageverlangen dahin beschränkt hatte, dass die Vorlage unter Wahrung der berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des Klägers, das heißt in neutralisierter Form, zu erfolgen habe. Der Senat folgt dem FG auch insoweit, als es die im Bescheid 1 angeführte Möglichkeit einer Schwärzung nur als Beispiel dafür angesehen hat, wie mandantenbezogene Daten, die der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, geschützt werden könnten. Indem das FA auf "das Recht" zur Schwärzung mandantenbezogener Daten hingewiesen hat, hat es keine Regelung getroffen, wonach nur diese --vom Kläger für technisch ungenügend erachtete-- Form der Wahrung des Geheimhaltungsinteresses möglich und zulässig gewesen wäre. Dies hätte sich bei verständiger Würdigung auch dem sach- und fachkundigen Kläger erschließen müssen. Zu Recht hat deshalb das FG auch erkannt, dass angesichts der größeren Sachnähe des Klägers nähere Angaben des FA über die Art, wie das Geheimhaltungsinteresse beim Kläger gewahrt werden konnte, nicht erforderlich waren.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 28. Oktober 2009 VIII R 78/05
www.bundesfinanzhof.de


 

 

19.02.2010, Dr. Jochen Bachmann

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