BFH: Steuerhinterziehung gefährdet Gemeinnützigkeit

Eine Körperschaft verfolgt dann keine gemeinnützigen Zwecke, wenn sie Tätigkeiten nachgeht, die gegen die Rechtsordnung verstoßen. Dies kann eine der Körperschaft als tatsächliche Geschäftsführung zurechenbare Lohnsteuerverkürzung sein. Die Zurechenbarkeit eines eigenmächtigen Handelns einer für die Körperschaft tätigen Person ist bereits bei grober Vernachlässigung der dem Vertretungsorgan obliegenden Überwachungspflichten zu bejahen; insoweit kommt auch ein Organisationsverschulden in Betracht (Fortführung des BFH-Urteils vom 31. Juli 1963 I 319/60, HFR 1963, 407). Aus den Gründen Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuerfestsetzungen 1992 bis 1996, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) --ein eingetragener Fußballverein-- ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt hat und deshalb auf seine Umsätze der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist. Nach der Satzung des Klägers bezweckte er die körperliche und charakterliche Ertüchtigung seiner Mitglieder durch planmäßige Pflege und Förderung der Leibesübung, insbesondere des Fußballsports. Er war im Übrigen nicht wirtschaftlich tätig. Nach dieser Satzung lehnte der Kläger den Berufssport ausdrücklich ab. Demgemäß gab er keine Zuwendungen an Mitglieder aus Vereinsmitteln. Zum 1. Juli 1994 änderte der Kläger seine Satzung. Nunmehr enthält sie die Bestimmung, dass keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütung begünstigt werden darf. Bei einer Lohnsteueraußenprüfung stellte das FA fest, dass Fußballspieler des Klägers, die ihm als Mitglieder angehörten und vertraglich für ihre Leistungen (lediglich) eine monatliche Aufwandsentschädigung bezogen, von Sponsoren in den Jahren 1992 bis 1997 als Spieler insgesamt 820 000 DM erhalten hatten. Die zusätzlichen Gelder hatten die Sponsoren dem Manager und Obmann des Klägers zum Zwecke der Weiterleitung an die Spieler übergeben. Dies sei, wie der Kläger geltend gemacht hatte, ohne Wissen seines Vorstands geschehen. Auf Grund einer tatsächlichen Verständigung zwischen FA und Kläger wurden für die Streitjahre 1992 bis 1996 Zuwendungen von insgesamt 596 600 DM angesetzt, für die das FA Lohnsteuer nacherhob. Zudem unterwarf es in geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre die zuvor ermäßigt besteuerten Umsätze des Klägers dem allgemeinen Steuersatz mit der Begründung, der Kläger habe nicht ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt. Die Revision ist begründet. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG 1993 sieht die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes vor für Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar u.a. gemeinnützige Zwecke i.S. der §§ 51 ff. AO 1977 verfolgen. Gemeinnützigen Zwecken dient eine Körperschaft, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Tätigkeiten, die gegen die Rechtsordnung verstoßen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Auch die tatsächliche Geschäftsführung muss sich im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung halten, da die Rechtsordnung als selbstverständlich das gesetzestreue Verhalten aller Rechtsunterworfenen voraussetzt. Als Verstoß gegen die Rechtsordnung, die die Annahme der Gemeinnützigkeit ausschließt, kommt auch eine dem Kläger zurechenbare Lohnsteuerverkürzung in Betracht: Nach § 38 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten; der Lohnsteuer unterliegt auch der im Rahmen des Dienstverhältnisses üblicherweise von einem Dritten für eine Arbeitsleistung gezahlte Arbeitslohn (§ 38 Abs. 1 Satz 2 EStG). Darüber hinaus ist der Arbeitgeber verpflichtet, die einbehaltene Lohnsteuer anzumelden und an das Betriebstätten-FA abzuführen (§ 41a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG). Gegen diese Pflichten hat der Kläger verstoßen, wenn ihm Dritte Geld zur Bezahlung von Fußballspielern (aus einem Pool) zugewendet haben oder wenn es sich bei den von E abgewickelten Geldzuwendungen an die Spieler des Klägers um übliche Lohnzahlungen Dritter gehandelt haben sollte. Die Ausführungen des FG, es sei "bei Sportinteressierten allgemein bekannt", dass auch unterhalb der beiden Fußball-Bundesligen Spielergehälter gezahlt würden, obwohl dies an sich untersagt sei, rechtfertigt mangels nachprüfbarer Feststellungen nicht den Schluss auf die Üblichkeit derartiger Zahlungen. [Deshalb wird die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Finanzgericht zurückverwiesen]. Bundesfinanzhof, Urteil vom 27. September 2001 V R 17/99

23.01.2002, Dr. Bachmann

 

Eine Körperschaft verfolgt dann keine gemeinnützigen Zwecke, wenn sie Tätigkeiten nachgeht, die gegen die Rechtsordnung verstoßen. Dies kann eine der Körperschaft als tatsächliche Geschäftsführung zurechenbare Lohnsteuerverkürzung sein. Die Zurechenbarkeit eines eigenmächtigen Handelns einer für die Körperschaft tätigen Person ist bereits bei grober Vernachlässigung der dem Vertretungsorgan obliegenden Überwachungspflichten zu bejahen; insoweit kommt auch ein Organisationsverschulden in Betracht (Fortführung des BFH-Urteils vom 31. Juli 1963 I 319/60, HFR 1963, 407). Aus den Gründen Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuerfestsetzungen 1992 bis 1996, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) --ein eingetragener Fußballverein-- ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt hat und deshalb auf seine Umsätze der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist. Nach der Satzung des Klägers bezweckte er die körperliche und charakterliche Ertüchtigung seiner Mitglieder durch planmäßige Pflege und Förderung der Leibesübung, insbesondere des Fußballsports. Er war im Übrigen nicht wirtschaftlich tätig. Nach dieser Satzung lehnte der Kläger den Berufssport ausdrücklich ab. Demgemäß gab er keine Zuwendungen an Mitglieder aus Vereinsmitteln. Zum 1. Juli 1994 änderte der Kläger seine Satzung. Nunmehr enthält sie die Bestimmung, dass keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütung begünstigt werden darf. Bei einer Lohnsteueraußenprüfung stellte das FA fest, dass Fußballspieler des Klägers, die ihm als Mitglieder angehörten und vertraglich für ihre Leistungen (lediglich) eine monatliche Aufwandsentschädigung bezogen, von Sponsoren in den Jahren 1992 bis 1997 als Spieler insgesamt 820 000 DM erhalten hatten. Die zusätzlichen Gelder hatten die Sponsoren dem Manager und Obmann des Klägers zum Zwecke der Weiterleitung an die Spieler übergeben. Dies sei, wie der Kläger geltend gemacht hatte, ohne Wissen seines Vorstands geschehen. Auf Grund einer tatsächlichen Verständigung zwischen FA und Kläger wurden für die Streitjahre 1992 bis 1996 Zuwendungen von insgesamt 596 600 DM angesetzt, für die das FA Lohnsteuer nacherhob. Zudem unterwarf es in geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre die zuvor ermäßigt besteuerten Umsätze des Klägers dem allgemeinen Steuersatz mit der Begründung, der Kläger habe nicht ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt. Die Revision ist begründet. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG 1993 sieht die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes vor für Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar u.a. gemeinnützige Zwecke i.S. der §§ 51 ff. AO 1977 verfolgen. Gemeinnützigen Zwecken dient eine Körperschaft, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Tätigkeiten, die gegen die Rechtsordnung verstoßen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Auch die tatsächliche Geschäftsführung muss sich im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung halten, da die Rechtsordnung als selbstverständlich das gesetzestreue Verhalten aller Rechtsunterworfenen voraussetzt. Als Verstoß gegen die Rechtsordnung, die die Annahme der Gemeinnützigkeit ausschließt, kommt auch eine dem Kläger zurechenbare Lohnsteuerverkürzung in Betracht: Nach § 38 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten; der Lohnsteuer unterliegt auch der im Rahmen des Dienstverhältnisses üblicherweise von einem Dritten für eine Arbeitsleistung gezahlte Arbeitslohn (§ 38 Abs. 1 Satz 2 EStG). Darüber hinaus ist der Arbeitgeber verpflichtet, die einbehaltene Lohnsteuer anzumelden und an das Betriebstätten-FA abzuführen (§ 41a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG). Gegen diese Pflichten hat der Kläger verstoßen, wenn ihm Dritte Geld zur Bezahlung von Fußballspielern (aus einem Pool) zugewendet haben oder wenn es sich bei den von E abgewickelten Geldzuwendungen an die Spieler des Klägers um übliche Lohnzahlungen Dritter gehandelt haben sollte. Die Ausführungen des FG, es sei "bei Sportinteressierten allgemein bekannt", dass auch unterhalb der beiden Fußball-Bundesligen Spielergehälter gezahlt würden, obwohl dies an sich untersagt sei, rechtfertigt mangels nachprüfbarer Feststellungen nicht den Schluss auf die Üblichkeit derartiger Zahlungen. [Deshalb wird die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Finanzgericht zurückverwiesen]. Bundesfinanzhof, Urteil vom 27. September 2001 V R 17/99

23.01.2002, Dr. Bachmann

 

Go back