BFH hält Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz für verfassungswidrig

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 22. Mai 2002 das Verfahren II R 61/99 ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber eingeholt, ob die Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit den Vorschriften über die Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig ist. Der BFH hält die gesetzlichen Regelungen über die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer für gleichheitswidrig ausgestaltet. Dies führt zwangsläufig auch zu einem gleichheits- und damit verfassungswidrigen Steuertarif. 1. Die (pauschalen) Begünstigungen für das Betriebsvermögen bestehend aus • Unterbewertung durch Übernahme der Steuerbilanzwerte sowie niedrige Bewertung der Betriebsgrundstücke, • Freibetrag in Höhe von 256 000 Euro (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) sowie • Bewertungsabschlag in Höhe von 40 v.H. (§ 13a Abs. 2 ErbStG) sind --auch angesichts der Stundungsregelung gemäß § 28 ErbStG (Abzinsungsvorteil von bis zu 42,5 v.H.)-- in ihrer Gesamtwirkung zu weitgehend. Die Übernahme der Steuerbilanzwerte verstößt wegen ihrer unkontrollierten und von Zufällen abhängigen Be- und Entlastungswirkungen sowie der systemwidrigen Verrechnung mit ungekürzten Passivposten nach Auffassung des BFH gegen das Gleichbehandlungsgebot. 2. Für die aus Unterbewertung (bei nichtnotierten Anteilen), Freibetrag (256 000 Euro) und vermindertem Wertansatz (Abschlag von 40 v.H.) bestehende pauschale Entlastung des Erwerbs von Anteilen an Kapitalgesellschaften fehlt es an einem Begünstigungsgrund. 3. Das Ertragswertverfahren für bebaute Grundstücke nach § 146 ff. BewG entspricht nach Auffassung des BFH nicht den sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen. Es führt im Verhältnis zu den Verkehrswerten zu keinem gleichmäßigen Steuerwertniveau. Vielmehr werden Erwerber bebauter Grundstücke als Folge ungeeigneter Bewertungsmaßstäbe extrem unterschiedlich be- oder entlastet. In einer großen Anzahl von Fällen kommt es bei der Bewertung bebauter Grundstücke zu einer erheblichen Unterbewertung (unter 40 v.H. des Verkehrswertniveaus, teilweise noch deutlich niedriger). Insoweit besteht die frühere Privilegierung des Grundbesitzes, die das BVerfG in seinem Beschluss vom 22. Juni 1995 in BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671 für mit der Verfassung, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt hat, in wesentlichen Teilbereichen unverändert fort. 4. Für die Gewährung eines Freibetrags (256 000 Euro) und eines Bewertungsabschlags (40 v.H.) beim Erwerb des --im Übrigen nur mit 10 v.H. des Verkehrswerts anzusetzenden-- land- und forstwirtschaftlichen Vermögens besteht kein sachlicher Grund. Es handelt sich um eine Überprivilegierung dieser Vermögensart. Der BFH sieht ferner insofern einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang, als das Gesetz keine Regelung vorsieht, dass bei zeitnaher Veräußerung des Vermögens durch den Erwerber eine Besteuerung nach Verkehrswerten vorzunehmen ist (Nachversteuerungsvorbehalt). 5. Der BFH beanstandet ferner die Rechtsformabhängigkeit der --für Betriebsvermögen vorgesehenen-- Begünstigungen nach §§ 13a und 19a ErbStG (Freibetrag, Bewertungsabschlag, Tarifbegrenzung) beim Erwerb von Anteilen an Gesellschaften im Sinne von § 15 Abs. 3 EStG, den sogen. "gewerblich geprägten Personengesellschaften", sowie den bloß vermögensverwaltenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung. 6. Ferner hält der BFH die Verrechnung miteinander nicht vergleichbarer Werte für gleichheitswidrig. Hierzu kommt es u.a. beim gesetzlich zugelassenen ungekürzten Abzug der mit unterbewertetem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden. Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs vom 14. August 2002

15.08.2002, Dr. Bachmann

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 22. Mai 2002 das Verfahren II R 61/99 ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber eingeholt, ob die Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit den Vorschriften über die Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig ist. Der BFH hält die gesetzlichen Regelungen über die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer für gleichheitswidrig ausgestaltet. Dies führt zwangsläufig auch zu einem gleichheits- und damit verfassungswidrigen Steuertarif. 1. Die (pauschalen) Begünstigungen für das Betriebsvermögen bestehend aus • Unterbewertung durch Übernahme der Steuerbilanzwerte sowie niedrige Bewertung der Betriebsgrundstücke, • Freibetrag in Höhe von 256 000 Euro (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) sowie • Bewertungsabschlag in Höhe von 40 v.H. (§ 13a Abs. 2 ErbStG) sind --auch angesichts der Stundungsregelung gemäß § 28 ErbStG (Abzinsungsvorteil von bis zu 42,5 v.H.)-- in ihrer Gesamtwirkung zu weitgehend. Die Übernahme der Steuerbilanzwerte verstößt wegen ihrer unkontrollierten und von Zufällen abhängigen Be- und Entlastungswirkungen sowie der systemwidrigen Verrechnung mit ungekürzten Passivposten nach Auffassung des BFH gegen das Gleichbehandlungsgebot. 2. Für die aus Unterbewertung (bei nichtnotierten Anteilen), Freibetrag (256 000 Euro) und vermindertem Wertansatz (Abschlag von 40 v.H.) bestehende pauschale Entlastung des Erwerbs von Anteilen an Kapitalgesellschaften fehlt es an einem Begünstigungsgrund. 3. Das Ertragswertverfahren für bebaute Grundstücke nach § 146 ff. BewG entspricht nach Auffassung des BFH nicht den sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen. Es führt im Verhältnis zu den Verkehrswerten zu keinem gleichmäßigen Steuerwertniveau. Vielmehr werden Erwerber bebauter Grundstücke als Folge ungeeigneter Bewertungsmaßstäbe extrem unterschiedlich be- oder entlastet. In einer großen Anzahl von Fällen kommt es bei der Bewertung bebauter Grundstücke zu einer erheblichen Unterbewertung (unter 40 v.H. des Verkehrswertniveaus, teilweise noch deutlich niedriger). Insoweit besteht die frühere Privilegierung des Grundbesitzes, die das BVerfG in seinem Beschluss vom 22. Juni 1995 in BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671 für mit der Verfassung, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt hat, in wesentlichen Teilbereichen unverändert fort. 4. Für die Gewährung eines Freibetrags (256 000 Euro) und eines Bewertungsabschlags (40 v.H.) beim Erwerb des --im Übrigen nur mit 10 v.H. des Verkehrswerts anzusetzenden-- land- und forstwirtschaftlichen Vermögens besteht kein sachlicher Grund. Es handelt sich um eine Überprivilegierung dieser Vermögensart. Der BFH sieht ferner insofern einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang, als das Gesetz keine Regelung vorsieht, dass bei zeitnaher Veräußerung des Vermögens durch den Erwerber eine Besteuerung nach Verkehrswerten vorzunehmen ist (Nachversteuerungsvorbehalt). 5. Der BFH beanstandet ferner die Rechtsformabhängigkeit der --für Betriebsvermögen vorgesehenen-- Begünstigungen nach §§ 13a und 19a ErbStG (Freibetrag, Bewertungsabschlag, Tarifbegrenzung) beim Erwerb von Anteilen an Gesellschaften im Sinne von § 15 Abs. 3 EStG, den sogen. "gewerblich geprägten Personengesellschaften", sowie den bloß vermögensverwaltenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung. 6. Ferner hält der BFH die Verrechnung miteinander nicht vergleichbarer Werte für gleichheitswidrig. Hierzu kommt es u.a. beim gesetzlich zugelassenen ungekürzten Abzug der mit unterbewertetem Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden. Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs vom 14. August 2002

15.08.2002, Dr. Bachmann

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