Der Abrechnungsbetrug ist ein Phänomen, das nicht nur bei Falschabrechnungen von Ärzten vorkommt, sondern bei sämtlichen Berufsgruppen im medizinischen Sektor auftreten kann. Als betroffene Berufsgruppen kommen auch Apotheker, Pflegepersonal oder Krankenhausmitarbeiter in Betracht.
Es existiert kein eigenständiger Straftatbestand, sondern die Form der Tatbegehung fällt in den Anwendungsbereich des allgemeinen Betrugstatbestandes (§ 263 StGB). Damit liegt die Straferwartung im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung bei der Verhängung einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren (in schweren Fällen auch bis zu zehn Jahren).
Maßgeblich für die Tatbestandsverwirklichung ist das Vorliegen eines leistungsbezogenen Abrechnungsfehlers. Ein solcher ist beispielsweise dann gegeben, wenn der Arzt Leistungen auf dem Krankenschein einträgt, die er nicht erbracht hat, die medizinisch nicht indiziert waren, oder wenn er die Leistungen falsch, nämlich als höherwertig, klassifiziert, oder wenn ein Apotheker Rezepte abrechnet, für die keine Arzneimittel abgegeben wurden
Darüber hinaus kann der Tatbestand des Betruges verwirklicht sein, wenn ein Arzt ohne kassenärztliche Zulassung tätig wird, also vorgibt ein Kassenarzt zu sein, tatsächlich aber nach den einschlägigen Regelungen keinen Anspruch auf Honorierung hat. Der Vermögensschaden kann dann durch die unberechtigte Teilnahme an der durch die kassenärztliche Vereinigung erfolgenden Verteilung der von den Kassen bezahlten Honorare verursacht werden.
Die Rechtsprechung ist hier strikt. Argumente, dahingehend, dass den Kassen infolge der Behandlung ihrer Patienten durch den Arzt schließlich Aufwendungen in möglicherweise gleicher Höhe erspart würden, die ihnen nach der Behandlung durch einen anderen, bei der Kasse zugelassenen Arzt erwachsen wären, werden als nicht tragfähig eingestuft. Eine hypothetische Kompensationsmöglichkeit scheidet damit aus.
Zudem wird dem Vertrauensverhältnis zum kassenärztlich zugelassenen Arzt ein besonderer wirtschaftlicher Wert zugesprochen.
Dies führt dazu, dass bei Fehlen dieser Voraussetzung die tatsächlich erbrachten Leistungen wirtschaftlich vollkommen wertlos seien sollen.
Diese Nullbewertung der erbrachten Leistung ist im Normalfall ausschließlich für Abrechnungen innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenkassen anzunehmen. Auf privat liquidierende Ärzte kann eine solche Übertragung in der Regel abgewendet werden, da der Honoraranspruch des Arztes hier allein auf dem Behandlungsvertrag mit dem Patienten beruht.
Ein bloßer Streit über Rechtsfragen der Abrechnung, liegt dagegen nicht automatisch die Vermutung nahe, dass gleichsam auch eine Täuschung über Tatsachen vorliegt.
Da die rechtlichen Details komplex, die Vorschriften des vertragsärztlichen Abrechnungssystems sind äußerst undurchsichtig und die Ermittlungen des tatsächlichen Wertes der erbrachten Leistungen umfangreich, empfiehlt es sich bei Kenntnis der Einleitung eines Strafverfahrens umgehend einen qualifizierten Rechtsanwalt mit der Verteidigung zu beauftragen. Auf dieser Weise kann sichergestellt werden, dass Ihre Interessen angemessen vertreten und geschützt werden. So wird beispielsweise zu hinterfragen sein, ob aufgrund der Unüberschaubarkeit des Abrechnungssystems und der Unbestimmtheit vieler Gebührenziffern die abrechnende Person nicht eine schlichte, straflose Fehlsubsumtion vorgenommen hat. Indizien, die gegen ein vorsätzlich betrügerisches Verhalten sprechen können, wären beispielsweise die fehlende Verschleierung, Verfälschung oder Falschauslegung von Sachverhalten und lückenlose und durch juristische Beratung abgesicherte Unterlagen.