OLG Schleswig: Keine Hinweispflicht des Steuerberaters auf Fehlbeurteilungen des Vorberaters

Das OLG Schleswig hat folgende Leitsätze veröffetnlicht:

1. Ohne gesondertes Mandat ist ein Steuerberater nicht verpflichtet, die Möglichkeit von Regressansprüchen gegen Vorberater zu prüfen.

2. Selbst die Erkenntnis von ersichtlichen Fehlbeurteilungen des Vorberaters verpflichtet den nachfolgenden Steuerberater – anders als einen Rechtsanwalt ­– nicht dazu, die Verjährung möglicher Regressansprüche zu prüfen.

Die Ausgangslage kann schon als Standardsituation beschrieben werden. Eine unerwartet hohe Steuernachzahlung nach einer Betriebsprüfung führt zu einer rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Finanzamt und findet ihre Fortsetzung in der Auseinandersetzung vor dem Finanzgericht oder gar dem Bundesfinanzhof. Wenn dann letztendlich das Finanzamt obsiegt, wird häufig die Frage angestellt, ob der Steuerschaden durch andere Beratung hätte vermieden werden können. Wird im Rahmen dieser Prüfung festgestellt, dass der Vorberater die Entstehung des Steuerschadens durch richtige Gestaltungsberatung hätte vermeiden können, ist es häufig für einen Regressanspruch wegen eingetretener Verjährung zu spät. Spätestens bei dieser Sachlage stellt sich die Frage, ob der mit der Prozessführung beauftragte Berater dann nicht wenigstens rechtzeitig auf den möglichen Regressanspruch und die drohende Verjährung hätte hinweisen müssen.

Hinsichtlich der Berechtigung zur Führung steuerrechtlicher Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt und finanzgerichtlicher Verfahren gibt es keine unterschiedlichen Kompetenzregelungen für Steuerberater einerseits und Rechtsanwälte andererseits. Grundsätzlich gilt das auch für die Pflicht zum Hinweis auf mögliche Regressansprüche gegen den vor Berater, so zumindest in Fällen, in denen der Steuerschaden auf einer auf den ersten Blick ersichtlichen steuerlich fehlerhaften Gestaltungsberatung beruht.

Was aber, wenn sich erst in der streitigen Auseinandersetzung die objektiv fehlerhafte Gestaltungsberatung des Vorberaters offenbart?

Vor diesem Hintergrund sind die vorstehenden Leitsätze zu würdigen.  

Der Bundesgerichtshof hat in bislang ständiger Rechtsprechung hinsichtlich der Hinweispflichten differenziert. Der wesentliche Unterschied zwischen dem Mandat eines Rechtsanwalts und dem eines Steuerberaters sei nämlich, dass die Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche, zu denen Regressansprüche gegen den vor beratenden Steuerberater fallen, einschließlich der Beurteilung schadensersatzrechtlicher und verjährungsrechtliche Fragen zur Kerntätigkeit eines Rechtsanwalts, nicht aber zu der eines Steuerberaters gehören.

Den Steuerberater treffen diese Hinweispflichten nicht, selbst wenn er in der Auseinandersetzung in dem laufenden Mandat Kenntnis von möglichen Regressansprüchen gegen den Vorbereiter gewonnen hat.

Ob diese Differenzierung auch zukünftig gilt, bleibt abzuwarten. Das Gericht hat nämlich die Revision ausdrücklich zugelassen. Nach seiner Auffassung erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Frage, ob die für Rechtsanwälte aufgestellten Grundsätze zur Hinweispflicht auf drohende Verjährung von Ansprüchen gegen den Vorberater auch auf Steuerberater zu übertragen sind.

OLG Schleswig, Urteil vom 18. Juli  2014, 17 U 21/14, DStR 2015, 848
Revision beim BGH anhängig: IX ZR 186/14).

Hinweis: die Kanzlei Grezesch & Bachmann ist in Regressstreitigkeiten ausschließlich auf Seiten der Steuerberater zur Abwehr von Regressansprüchen tätig.

 

31.08.2015, Wolf Grezesch

Das OLG Schleswig hat folgende Leitsätze veröffetnlicht:

1. Ohne gesondertes Mandat ist ein Steuerberater nicht verpflichtet, die Möglichkeit von Regressansprüchen gegen Vorberater zu prüfen.

2. Selbst die Erkenntnis von ersichtlichen Fehlbeurteilungen des Vorberaters verpflichtet den nachfolgenden Steuerberater – anders als einen Rechtsanwalt ­– nicht dazu, die Verjährung möglicher Regressansprüche zu prüfen.

Die Ausgangslage kann schon als Standardsituation beschrieben werden. Eine unerwartet hohe Steuernachzahlung nach einer Betriebsprüfung führt zu einer rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Finanzamt und findet ihre Fortsetzung in der Auseinandersetzung vor dem Finanzgericht oder gar dem Bundesfinanzhof. Wenn dann letztendlich das Finanzamt obsiegt, wird häufig die Frage angestellt, ob der Steuerschaden durch andere Beratung hätte vermieden werden können. Wird im Rahmen dieser Prüfung festgestellt, dass der Vorberater die Entstehung des Steuerschadens durch richtige Gestaltungsberatung hätte vermeiden können, ist es häufig für einen Regressanspruch wegen eingetretener Verjährung zu spät. Spätestens bei dieser Sachlage stellt sich die Frage, ob der mit der Prozessführung beauftragte Berater dann nicht wenigstens rechtzeitig auf den möglichen Regressanspruch und die drohende Verjährung hätte hinweisen müssen.

Hinsichtlich der Berechtigung zur Führung steuerrechtlicher Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt und finanzgerichtlicher Verfahren gibt es keine unterschiedlichen Kompetenzregelungen für Steuerberater einerseits und Rechtsanwälte andererseits. Grundsätzlich gilt das auch für die Pflicht zum Hinweis auf mögliche Regressansprüche gegen den vor Berater, so zumindest in Fällen, in denen der Steuerschaden auf einer auf den ersten Blick ersichtlichen steuerlich fehlerhaften Gestaltungsberatung beruht.

Was aber, wenn sich erst in der streitigen Auseinandersetzung die objektiv fehlerhafte Gestaltungsberatung des Vorberaters offenbart?

Vor diesem Hintergrund sind die vorstehenden Leitsätze zu würdigen.  

Der Bundesgerichtshof hat in bislang ständiger Rechtsprechung hinsichtlich der Hinweispflichten differenziert. Der wesentliche Unterschied zwischen dem Mandat eines Rechtsanwalts und dem eines Steuerberaters sei nämlich, dass die Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche, zu denen Regressansprüche gegen den vor beratenden Steuerberater fallen, einschließlich der Beurteilung schadensersatzrechtlicher und verjährungsrechtliche Fragen zur Kerntätigkeit eines Rechtsanwalts, nicht aber zu der eines Steuerberaters gehören.

Den Steuerberater treffen diese Hinweispflichten nicht, selbst wenn er in der Auseinandersetzung in dem laufenden Mandat Kenntnis von möglichen Regressansprüchen gegen den Vorbereiter gewonnen hat.

Ob diese Differenzierung auch zukünftig gilt, bleibt abzuwarten. Das Gericht hat nämlich die Revision ausdrücklich zugelassen. Nach seiner Auffassung erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Frage, ob die für Rechtsanwälte aufgestellten Grundsätze zur Hinweispflicht auf drohende Verjährung von Ansprüchen gegen den Vorberater auch auf Steuerberater zu übertragen sind.

OLG Schleswig, Urteil vom 18. Juli  2014, 17 U 21/14, DStR 2015, 848
Revision beim BGH anhängig: IX ZR 186/14).

Hinweis: die Kanzlei Grezesch & Bachmann ist in Regressstreitigkeiten ausschließlich auf Seiten der Steuerberater zur Abwehr von Regressansprüchen tätig.

 

31.08.2015, Wolf Grezesch

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