FG Hannover zu Testkäufen des Finanzamts in einer Gaststätte; Ordnungsmäßigkeit der Buchführung bei

Das Niedersächsische Finanzgericht bestätigt in einem Eilverfahren die Rechtmäßigkeit von Testkäufen in der Außenprüfung einer Gaststätte. Außerdem äußert es sich zur Ordnungsmäßigkeit einer PC-Kasse, wenn keine Stornobuchungen aufgezeichnet werden. Das Gericht hat die Buchführung als nicht ordnungsgemäß verworfen, weil es davon überzeugt war, dass Stornobuchungen durchgeführt, aber nicht aufgezeichnet worden sind. Die weitergehende Ansicht des Finanzamts, dass PC-Kassensystem sei schon grundsätzlich als nicht ordnungsgemäß, weil Manipulationen ohne Protokollierung möglich seien, hat das Gericht aber nicht bestätigt. Aus den Gründen Der Antragsteller betreibt ein Speiselokal mit chinesischen Spezialitäten. Das vom Antragsteller verwendete PC-Kassenprogramm einer Nürnberger Firma entsprach nach Ansicht des Prüfers nicht den mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 7. November 1995 (BStBl I 1995, 738) dargestellten Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchungssysteme (im folgenden „GoBS“), weil es nach den Feststellungen von Finanzbehörden verschiedener Bundesländer die Möglichkeit zuließ, auch nach Einbonieren eines Umsatzes diesen ohne jegliche Protokollierung zu stornieren, sowie über eine so genannte „Managerfunktion“ vorher eingegebene und bereits gespeicherte Daten zu löschen. 2. Die Ausdrucke der Tages- und Monatsabschlüsse (Z-Abschläge) der vom Antragsteller verwendeten Registrierkasse enthielten keine Stornobuchungen. Bei einer Überprüfung der Kasse für den 31. Januar des Jahres x wurden jedoch Stornos festgestellt, die weder in der Monatsübersicht noch im Z-Abschlag wiederzufinden waren. 3. Die Wareneinkäufe für Fassbier lagen während des ganzen Jahres auf einheitlichem Niveau während die Wareneinkäufe für Küchenwaren zu Zeiten mit besonderen Anlässen, wie z.B. Messen oder zur Weihnachtszeit erheblich nach oben abwichen. Auch waren die vom Antragsteller behaupteten Portionsgrößen mit z.B. 1000 g Ente pro Portion ungewöhnlich hoch angesetzt. Die auf Grundlage der in den Steuererklärungen angegebenen Werte errechneten Rohgewinnaufschlagsätze betrugen zwischen 203,70% und 222,56%. Eine Nachkalkulation für ein Jahr unter Ansatz des vom Antragsteller mitgeteilten Rohgewinnaufschlagsatzes von 120% für Küchenwaren führte jedoch ohne Berücksichtigung der Freigetränke (jeder Gast erhielt mindestens einen Cocktail gratis) zu einem Minderumsatz in Höhe von 18.000 DM und einer prozentualen Abweichung zum erklärten Umsatz von 3,63%. Eine Nachkalkulation unter Ansatz der für die Getränke anhand des Wareneinkaufs und der Verkaufspreise konkret ermittelten Aufschlagsätze und eines pauschalen Aufschlagsatzes für sämtliche Speisen in Höhe von 280% ergab eine Abweichung zum erklärten Umsatz in Höhe von 25,86%. Der Betriebsprüfer vertrat die Ansicht, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei, der Besteuerung nicht zu Grunde gelegt werden könne und die von ihm durch die Nachkalkulation für das Jahr 1999 ermittelten Aufschlagsätze der Besteuerung der Streitjahre zu Grunde zu legen seien. Nachdem der Antragsteller mit dem Ansatz eines Aufschlagsatzes von 280% für Speisen nicht einverstanden war, ließ der Prüfer von einer Kollegin verschiedene Gerichte aus dem Lokal des Antragstellers kaufen, hierunter auch Gerichte, die der Antragsteller in einer Auflistung als gängige Gerichte benannt hatte, wog die einzelnen Bestandteile der Gerichte aus und vermerkte die jeweiligen Gewichtsanteile für Fleisch, Reis, Soße usw. in einem Protokoll. Die im Wege der Auswiegung festgestellten Fleischanteile wichen erheblich von den vom Antragsteller mitgeteilten Angaben ab. So enthielten die Gerichte Nr. x2x und x1x einen Entenfleischanteil von 200 g bzw. 236 g während der Antragsteller hierfür jeweils 1000 g Ente pro Portion veranschlagt hatte. Auch der Anteil an Hähnchenbrustfilet im Gericht Nr. x0x betrug statt der vom Antragsteller veranschlagten 350 g nur 177 g. Wegen der Einzelheiten der vom Antragsteller mitgeteilten Gewichtsangaben und des Ergebnisses der Wiegevorgänge wird auf die Aufstellung des Antragstellers und das Wiegeprotokoll Bezug genommen. Wegen der Gewichtung der Aufschlagsätze für die Hauptgerichte sowie der Aufschlagsätze der Speisen und Getränke im Einzelnen wird auf die Aufstellungen des Prüfers verwiesen. Der Prüfer berücksichtigte die so ermittelten Ergebnisse in einer überarbeiteten Kalkulation, nach der sich ein Aufschlagsatz für Küchenwaren in Höhe von 325,82% und ein Rohgewinnaufschlagsatz von 312,90% ergab. Auf der Grundlage eines Rohgewinnaufschlagsatzes in Höhe von 312% korrigierte der Prüfer durch entsprechende Nachkalkulationen die Einnahmen und Gewinne sämtlicher Streitjahre. Der Senat hat keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Bei Erlass der Änderungsbescheide bzw. des erstmaligen Bescheides über den Gewerbesteuermessbetrag (...) war die reguläre Festsetzungsfrist von 4 Jahren (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO) noch nicht abgelaufen. Soweit die Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen waren, konnte die Änderung nach § 164 Abs. 2 AO und im Übrigen nach § 173 AO erfolgen, da dem Finanzamt erst nach Veranlagung im Rahmen der durchgeführten Außenprüfung bekannt geworden ist, dass der Antragsteller nicht sämtliche Einnahmen in seinen Gewinnermittlungen erfasst hatte. a) Das Finanzamt war zur Hinzuschätzung weiterer Einnahmen befugt, da gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 AO insbesondere dann zu schätzen ist, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zu Grunde gelegt werden können. Gemäß § 158 AO ist die Buchführung, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entspricht, der Besteuerung zu Grunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalles kein Anlass ist, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. aa) Die Buchführung des Ast entspricht nicht der Vorschrift des § 146 AO und ist damit nicht ordnungsgemäß. Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 AO dürfen Buchungen oder Aufzeichnungen nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Entsprechend dieser Vorschrift legt Tz. 3.2 der GoBS (Anlage zum BMF-Schreiben vom 7. November 1995, BStBl I 1995, 740) fest, dass bei einer Veränderung einer erfolgten Buchung der Inhalt der ursprünglichen Buchung, z.B. durch Aufzeichnungen über durchgeführte Änderungen (Storno- oder Neubuchung), die als Bestandteil der Buchführung aufzubewahren sind, feststellbar bleiben muss. Der Antragsteller hat mit seiner Führung des PC-Kassensystems gegen die Ordnungsprinzipien des § 146 Abs. 4 AO verstoßen, da bei den Kassenabschlüssen keine Stornobuchungen erfasst gewesen sind. Stornobuchungen erfolgen in der Regel, wenn das Bedienpersonal eine falsche Eingabe in den Computer tätigt, sei es, dass ein falsches Gericht, die unzutreffende Menge oder eine falsche Tischnummer eingegeben werden. Es widerspricht der Lebenserfahrung und ist somit nicht glaubhaft, dass in einem Lokal über einen ganzen Tag oder Monat die Eingaben in das Kassensystem ohne Fehler erfolgen und keine Stornobuchungen erforderlich werden. Der Umstand, dass Stornobuchungen nicht ausgewiesen sind und der Antragsteller auch keine Erklärung für das Fehlen von Stornobuchungen gegeben hat, lässt vielmehr darauf schließen, dass Stornobuchungen im Kassensystem nachträglich gelöscht worden sind. Infolge der fehlenden Stornobuchungen lässt sich ebenfalls nicht mehr feststellen, ob lediglich Fehlbuchungen oder auch Einnahmebuchungen an sich gelöscht worden sind. Die erforderliche Vollständigkeit der Buchungen ist infolge dieser Veränderungen nicht gewährleistet und diese Unvollständigkeit ergreift die gesamte Buchführung, sodass die Buchführung des Antragstellers als nicht ordnungsgemäß im Sinne der AO anzusehen ist. bb) Im Hinblick auf die oben festgestellten Mängel, die den Schluss nahe legen, dass die Kasse nicht gemäß den Ordnungsvorschriften der GoBS geführt worden ist, kann der Antragsteller sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass die Verwendung des PC-Kassensystems mit der Bayerischen Finanzverwaltung abgestimmt gewesen sei. Für den Senat stellt es sich ohnehin als wahrscheinlicher dar, dass keine entsprechende Abstimmung oder Zertifizierung des Kassensystems erfolgt ist. Abgesehen davon, dass die Antragsteller keine Bestätigung der Bayerischen Finanzverwaltung vorgelegt haben, entspricht das Vorbringen des Finanzamts, die Länderfinanzverwaltungen erteilten grundsätzlich keine entsprechenden amtlichen Bescheinigungen, der Handhabung der Bundesfinanzverwaltung, die es aus dem vom Finanzamt ebenfalls vorgetragenen Erwägungen ablehnt, Kassen oder Buchungssysteme als mit den „Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)„ konform zu zertifizieren (vgl. BMF-Schreiben vom 6. März 2003 – IV D 2 „Fragen und Antworten zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung, Nr. 9 –www.bundesfinanzministerium.de/dokumente/ix-..12944/Artikel.htm-). b) Das Gericht hat im Ergebnis keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der hinzugeschätzten Einnahmen. Es folgt im Rahmen seiner eigenen Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO in Verbindung mit § 162 AO) bei der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung der vom Prüfer vorgenommenen Nachkalkulation sowie dem vom Prüfer bei der Ermittlung der Umsätze angesetzten Rohgewinnaufschlagsatz von 312%. Die Höhe der anhand dieser Kalkulation ermittelten Fehlbeträge ist geeignet, die sachliche Unrichtigkeit der Buchführung des Antragstellers zu belegen und die Höhe der Zuschätzungen zu rechtfertigen. aa) Der Prüfer hat die Umsätze anhand des vom Antragsteller erklärten Wareneinsatzes unter Absetzung des Eigenverbrauchs auf der Grundlage eines Rohgewinnaufschlagsatzes von 312% ermittelt. Die Ermittlung des Rohgewinnaufschlagsatzes hat er in Anlage 1 zum Ap-Bericht dargestellt. Die Aufschlagsätze für die Getränke ergeben sich aus den im Rahmen der Prüfung ermittelten Wareneinkaufs- und Verkaufspreisen. Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, dass deren Ermittlung fehlerhaft erfolgt sei. Der Senat geht daher vorliegend davon aus, dass die Grundlagen dieses Teils der Kalkulation vom Antragsteller auch nicht bestritten werden. bb) Soweit sich der Antragsteller ausschließlich mit dem Argument der „verdeckten Ermittlung“ gegen den für Küchenwaren ermittelten Rohgewinnaufschlagsatz wendet, folgt der Senat dieser Ansicht nicht. aaa) Die im Rahmen der Testkäufe festgestellten steuererheblichen Tatsachen können nach § 85 Abs. 2 AO bei der Festsetzung verwertet werden. Weder die Maßname an sich noch die Verwertung der hieraus gewonnenen Erkenntnisse begegnet rechtlichen Bedenken. Der Senat hat keine ernsthaften Zweifel, dass Testkäufe bei einem Steuerpflichtigen ein probates Mittel zur Ermittlung des konkreten, in diesem Fall den Antragsteller betreffenden, besteuerungsrelevanten Sachverhalts sind. Entgegen der Ansicht des Antragstellers sind Testkäufe nicht mit verdeckten Ermittlungen vergleichbar. Es handelt sich vielmehr um eine allgemein übliche und besonders in Zivilverfahren im Bereich des Wettbewerbs- oder Urheberrechts gängige und grundsätzlich akzeptierte Maßnahme zur Beweissicherung. Aber auch gegen die Anwendung im Besteuerungsverfahren bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Gemäß § 88 Abs. 1 AO ermittelt die Finanzbehörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen und bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich hält, insbesondere kann sie den Augenschein einnehmen (§§ 88 Abs. 2, 92 AO). Die Einnahme des Augenscheins ist die sinnliche Wahrnehmung von Eigenschaften oder dem Zustand einer Sache, wobei unter Augenschein nicht nur die optische, sondern auch die geruchsmäßige, gefühlsmäßige oder akustische Wahrnehmung zu verstehen ist (Pahlke/Koenig/Wünsch AO § 98 Rz. 2). Der Testkauf, d. h. Ankauf und das Auswiegen eines fertigen Gerichts, ist eine gewichtsmäßige Wahrnehmung der Sache und eine Augenscheinseinnahme im Sinne des § 92 Satz 2 Nr. 4 AO. Diese Form der Beweiserhebung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde (§ 92 Satz 1 AO), sie muss erforderlich, geeignet und verhältnismäßig sein (Pahlke/ Koenig/ Wünsch AO § 98 Rz. 3). Der Senat hat keine Bedenken, dass diese Voraussetzungen der pflichtgemäßen Ermessensausübung vorliegend erfüllt sind. Die Maßnahme war erforderlich, da der Antragsteller den vom Prüfer für die Speisen angesetzten Aufschlagsatz von 280% bestritten hat und der vom Antragsteller mitgeteilte Aufschlagsatz von 120% für die Speisen in so erheblichem Maße von den in der Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr ... ermittelten Aufschlagsätzen für Gast- und Speisewirtschaften mit einem Umsatz (...) abwich (Rohgewinnaufschlagsätze von 150% bis 317%, Durchschnitt 213%), dass bereits aus diesem Grunde ein Ansatz in dieser Höhe bei der Kalkulation nicht ohne Überprüfung erfolgen konnte. Der Prüfer konnte bereits aufgrund dieser Abweichung davon ausgehen, dass der vom Antragsteller mitgeteilte Aufschlagsatz nicht dem tatsächlich von ihm angesetzten Aufschlagsatz entsprach und der Ansatz zu einem unzutreffenden Ergebnis führen würde. Hinsichtlich der in den Rezepten des Antragstellers angegebenen Gewichtsangaben hält der Senat die Bedenken des Prüfers für begründet. Der Senat hat keine Zweifel, dass die vom Antragsteller mitgeteilten Gewichtsangaben in den Rezepten nicht zutreffen und somit nicht als Grundlage einer Kalkulation dienen können. Der Antragsteller hat angeblich für die Gerichte Nr. x2x und x1x (geröstete Ente mit Gemüse bzw. Großgarnelen) jeweils 1000 g Ente veranschlagt, bereits nach den Angaben in handelsüblichen Kochbüchern mit chinesischen Gerichten reicht jedoch für vergleichbare Gerichte ca. 1 kg Ente für 3 bis 4 Portionen aus. Für diese Abweichung vom Üblichen hat der Antragsteller keine Begründung gegeben. Die Maßnahme ist auch zur Sachverhaltsermittlung geeignet gewesen, da sich durch das Auswiegen einfach und relativ verlässlich der Gewichtsanteil der wesentlichen Speisezutaten wie z. B. Fleisch, Gemüse, Soße und Reis ermitteln lässt. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit hat die Behörde zu prüfen, welche unter den an sich geeigneten Maßnahmen den Betroffenen am wenigsten belastet (Klein-Gersch AO § 5 Rz. 3). Die Maßnahme des Einkaufs und Auswiegens ist bei Ansatz dieses Beurteilungsmaßstabes verhältnismäßig gewesen, da andere Methoden entweder keine zuverlässigen Erkenntnisse vermittelt oder den Antragsteller weitaus mehr belastet hätten. So hätte der Prüfer zwar persönlich die Gerichte erwerben können; das Gericht hält es jedoch für nicht ausgeschlossen, dass der Prüfer in diesem Fall eine unüblich große Portion erhalten hätte, sodass diese Maßname zur Ermittlung des realistischen Sachverhalts nicht geeignet gewesen wäre. Daneben hätte noch die Möglichkeit bestanden, den Antragsteller zum Vorkochen der Gerichte aufzufordern. Diese Maßnahme hätte aber über längere Zeit an verschiedenen Tagen erfolgen müssen, um brauchbare Erkenntnisse zu liefern. Dieses hätte den Antragsteller erheblich stärker beeinträchtigt, sodass die Maßnahme des Ankaufs durch eine dem Antragsteller unbekannte Person das mildeste und unter dem Gesichtspunkt der Objektivität geeignetste Mittel zur Ermittlung des Sachverhalts hinsichtlich der Portionierung der Gerichte gewesen ist. Der Prüfer hat entsprechend der Anforderung des § 98 Abs. 1 AO eine zeitnahe Niederschrift über das Ergebnis des Wiegevorgangs erstellt, sodass die Maßnahme auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden ist. bbb) Der Prüfer hat die für Mittagsmenüs und Abendgerichte notwendige Gewichtung vorgenommen und diese ebenso bei der Kalkulation berücksichtigt. Das Gericht folgt der Kalkulation des Prüfers im summarischen Verfahren auch insoweit, als dieser für Nachspeisen, Suppen und Salat einen offenbar geschätzten Aufschlagsatz von 300% angesetzt hat, da dieser im Bereich der anderen Aufschlagsätze für Speisen liegt. cc) Die Tatsache, dass der so ermittelte Rohgewinnaufschlagsatz am oberen Rahmen der Rohgewinnaufschlagsätze liegt, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der auf den geschätzten Grundlagen festgesetzten Steuern. Zwar enthalten die durch Schätzung ermittelten Besteuerungsgrundlagen einen Unsicherheitsbereich, der vom Wahrscheinlichkeitsgrad der Schätzung abhängig ist. Soweit sich die Unschärfe, die jeder Schätzung anhaftet, zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt, muss er sie hinnehmen, zumal wenn er den Anlass für die Schätzung gegeben hat. Schätzungen müssen insgesamt in sich schlüssig sein; ihre Ergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 227 m.w.N.). Für die im Streitfall vorzunehmenden Schätzungen verlangt § 162 Abs. 1 Nr. 2 AO die Berücksichtigung aller Umstände, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Die Schätzung erweist sich erst dann als rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt. Wird die Schätzung erforderlich, weil der Steuerpflichtige wie vorliegend seinen Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten nicht genügt, können sich Finanzamt und Gericht an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren, weil der Steuerpflichtige möglicherweise Einkünfte verheimlichen wollte (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1992 IV R 34/90, BFHE 169, 503, BStBl II 1993, 259, m.w.N.). Dem Antragsteller bleibt es hierbei unbenommen, im Hauptverfahren begründete Einwendungen gegen die Kalkulation und die auf dieser Grundlage ermittelte Höhe der Besteuerungsgrundlagen vorzubringen. Niedersächsisches Finanzgericht, Beschl. vom 02.09.2004 - 10 V 52/04 PRAXIS STEUERSTRAFRECHT 2006, 281

01.02.2006, Dr. Bachmann

Das Niedersächsische Finanzgericht bestätigt in einem Eilverfahren die Rechtmäßigkeit von Testkäufen in der Außenprüfung einer Gaststätte. Außerdem äußert es sich zur Ordnungsmäßigkeit einer PC-Kasse, wenn keine Stornobuchungen aufgezeichnet werden. Das Gericht hat die Buchführung als nicht ordnungsgemäß verworfen, weil es davon überzeugt war, dass Stornobuchungen durchgeführt, aber nicht aufgezeichnet worden sind. Die weitergehende Ansicht des Finanzamts, dass PC-Kassensystem sei schon grundsätzlich als nicht ordnungsgemäß, weil Manipulationen ohne Protokollierung möglich seien, hat das Gericht aber nicht bestätigt. Aus den Gründen Der Antragsteller betreibt ein Speiselokal mit chinesischen Spezialitäten. Das vom Antragsteller verwendete PC-Kassenprogramm einer Nürnberger Firma entsprach nach Ansicht des Prüfers nicht den mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 7. November 1995 (BStBl I 1995, 738) dargestellten Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchungssysteme (im folgenden „GoBS“), weil es nach den Feststellungen von Finanzbehörden verschiedener Bundesländer die Möglichkeit zuließ, auch nach Einbonieren eines Umsatzes diesen ohne jegliche Protokollierung zu stornieren, sowie über eine so genannte „Managerfunktion“ vorher eingegebene und bereits gespeicherte Daten zu löschen. 2. Die Ausdrucke der Tages- und Monatsabschlüsse (Z-Abschläge) der vom Antragsteller verwendeten Registrierkasse enthielten keine Stornobuchungen. Bei einer Überprüfung der Kasse für den 31. Januar des Jahres x wurden jedoch Stornos festgestellt, die weder in der Monatsübersicht noch im Z-Abschlag wiederzufinden waren. 3. Die Wareneinkäufe für Fassbier lagen während des ganzen Jahres auf einheitlichem Niveau während die Wareneinkäufe für Küchenwaren zu Zeiten mit besonderen Anlässen, wie z.B. Messen oder zur Weihnachtszeit erheblich nach oben abwichen. Auch waren die vom Antragsteller behaupteten Portionsgrößen mit z.B. 1000 g Ente pro Portion ungewöhnlich hoch angesetzt. Die auf Grundlage der in den Steuererklärungen angegebenen Werte errechneten Rohgewinnaufschlagsätze betrugen zwischen 203,70% und 222,56%. Eine Nachkalkulation für ein Jahr unter Ansatz des vom Antragsteller mitgeteilten Rohgewinnaufschlagsatzes von 120% für Küchenwaren führte jedoch ohne Berücksichtigung der Freigetränke (jeder Gast erhielt mindestens einen Cocktail gratis) zu einem Minderumsatz in Höhe von 18.000 DM und einer prozentualen Abweichung zum erklärten Umsatz von 3,63%. Eine Nachkalkulation unter Ansatz der für die Getränke anhand des Wareneinkaufs und der Verkaufspreise konkret ermittelten Aufschlagsätze und eines pauschalen Aufschlagsatzes für sämtliche Speisen in Höhe von 280% ergab eine Abweichung zum erklärten Umsatz in Höhe von 25,86%. Der Betriebsprüfer vertrat die Ansicht, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei, der Besteuerung nicht zu Grunde gelegt werden könne und die von ihm durch die Nachkalkulation für das Jahr 1999 ermittelten Aufschlagsätze der Besteuerung der Streitjahre zu Grunde zu legen seien. Nachdem der Antragsteller mit dem Ansatz eines Aufschlagsatzes von 280% für Speisen nicht einverstanden war, ließ der Prüfer von einer Kollegin verschiedene Gerichte aus dem Lokal des Antragstellers kaufen, hierunter auch Gerichte, die der Antragsteller in einer Auflistung als gängige Gerichte benannt hatte, wog die einzelnen Bestandteile der Gerichte aus und vermerkte die jeweiligen Gewichtsanteile für Fleisch, Reis, Soße usw. in einem Protokoll. Die im Wege der Auswiegung festgestellten Fleischanteile wichen erheblich von den vom Antragsteller mitgeteilten Angaben ab. So enthielten die Gerichte Nr. x2x und x1x einen Entenfleischanteil von 200 g bzw. 236 g während der Antragsteller hierfür jeweils 1000 g Ente pro Portion veranschlagt hatte. Auch der Anteil an Hähnchenbrustfilet im Gericht Nr. x0x betrug statt der vom Antragsteller veranschlagten 350 g nur 177 g. Wegen der Einzelheiten der vom Antragsteller mitgeteilten Gewichtsangaben und des Ergebnisses der Wiegevorgänge wird auf die Aufstellung des Antragstellers und das Wiegeprotokoll Bezug genommen. Wegen der Gewichtung der Aufschlagsätze für die Hauptgerichte sowie der Aufschlagsätze der Speisen und Getränke im Einzelnen wird auf die Aufstellungen des Prüfers verwiesen. Der Prüfer berücksichtigte die so ermittelten Ergebnisse in einer überarbeiteten Kalkulation, nach der sich ein Aufschlagsatz für Küchenwaren in Höhe von 325,82% und ein Rohgewinnaufschlagsatz von 312,90% ergab. Auf der Grundlage eines Rohgewinnaufschlagsatzes in Höhe von 312% korrigierte der Prüfer durch entsprechende Nachkalkulationen die Einnahmen und Gewinne sämtlicher Streitjahre. Der Senat hat keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Bei Erlass der Änderungsbescheide bzw. des erstmaligen Bescheides über den Gewerbesteuermessbetrag (...) war die reguläre Festsetzungsfrist von 4 Jahren (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO) noch nicht abgelaufen. Soweit die Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen waren, konnte die Änderung nach § 164 Abs. 2 AO und im Übrigen nach § 173 AO erfolgen, da dem Finanzamt erst nach Veranlagung im Rahmen der durchgeführten Außenprüfung bekannt geworden ist, dass der Antragsteller nicht sämtliche Einnahmen in seinen Gewinnermittlungen erfasst hatte. a) Das Finanzamt war zur Hinzuschätzung weiterer Einnahmen befugt, da gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 AO insbesondere dann zu schätzen ist, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zu Grunde gelegt werden können. Gemäß § 158 AO ist die Buchführung, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entspricht, der Besteuerung zu Grunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalles kein Anlass ist, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. aa) Die Buchführung des Ast entspricht nicht der Vorschrift des § 146 AO und ist damit nicht ordnungsgemäß. Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 AO dürfen Buchungen oder Aufzeichnungen nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Entsprechend dieser Vorschrift legt Tz. 3.2 der GoBS (Anlage zum BMF-Schreiben vom 7. November 1995, BStBl I 1995, 740) fest, dass bei einer Veränderung einer erfolgten Buchung der Inhalt der ursprünglichen Buchung, z.B. durch Aufzeichnungen über durchgeführte Änderungen (Storno- oder Neubuchung), die als Bestandteil der Buchführung aufzubewahren sind, feststellbar bleiben muss. Der Antragsteller hat mit seiner Führung des PC-Kassensystems gegen die Ordnungsprinzipien des § 146 Abs. 4 AO verstoßen, da bei den Kassenabschlüssen keine Stornobuchungen erfasst gewesen sind. Stornobuchungen erfolgen in der Regel, wenn das Bedienpersonal eine falsche Eingabe in den Computer tätigt, sei es, dass ein falsches Gericht, die unzutreffende Menge oder eine falsche Tischnummer eingegeben werden. Es widerspricht der Lebenserfahrung und ist somit nicht glaubhaft, dass in einem Lokal über einen ganzen Tag oder Monat die Eingaben in das Kassensystem ohne Fehler erfolgen und keine Stornobuchungen erforderlich werden. Der Umstand, dass Stornobuchungen nicht ausgewiesen sind und der Antragsteller auch keine Erklärung für das Fehlen von Stornobuchungen gegeben hat, lässt vielmehr darauf schließen, dass Stornobuchungen im Kassensystem nachträglich gelöscht worden sind. Infolge der fehlenden Stornobuchungen lässt sich ebenfalls nicht mehr feststellen, ob lediglich Fehlbuchungen oder auch Einnahmebuchungen an sich gelöscht worden sind. Die erforderliche Vollständigkeit der Buchungen ist infolge dieser Veränderungen nicht gewährleistet und diese Unvollständigkeit ergreift die gesamte Buchführung, sodass die Buchführung des Antragstellers als nicht ordnungsgemäß im Sinne der AO anzusehen ist. bb) Im Hinblick auf die oben festgestellten Mängel, die den Schluss nahe legen, dass die Kasse nicht gemäß den Ordnungsvorschriften der GoBS geführt worden ist, kann der Antragsteller sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass die Verwendung des PC-Kassensystems mit der Bayerischen Finanzverwaltung abgestimmt gewesen sei. Für den Senat stellt es sich ohnehin als wahrscheinlicher dar, dass keine entsprechende Abstimmung oder Zertifizierung des Kassensystems erfolgt ist. Abgesehen davon, dass die Antragsteller keine Bestätigung der Bayerischen Finanzverwaltung vorgelegt haben, entspricht das Vorbringen des Finanzamts, die Länderfinanzverwaltungen erteilten grundsätzlich keine entsprechenden amtlichen Bescheinigungen, der Handhabung der Bundesfinanzverwaltung, die es aus dem vom Finanzamt ebenfalls vorgetragenen Erwägungen ablehnt, Kassen oder Buchungssysteme als mit den „Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)„ konform zu zertifizieren (vgl. BMF-Schreiben vom 6. März 2003 – IV D 2 „Fragen und Antworten zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung, Nr. 9 –www.bundesfinanzministerium.de/dokumente/ix-..12944/Artikel.htm-). b) Das Gericht hat im Ergebnis keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der hinzugeschätzten Einnahmen. Es folgt im Rahmen seiner eigenen Schätzungsbefugnis (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO in Verbindung mit § 162 AO) bei der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung der vom Prüfer vorgenommenen Nachkalkulation sowie dem vom Prüfer bei der Ermittlung der Umsätze angesetzten Rohgewinnaufschlagsatz von 312%. Die Höhe der anhand dieser Kalkulation ermittelten Fehlbeträge ist geeignet, die sachliche Unrichtigkeit der Buchführung des Antragstellers zu belegen und die Höhe der Zuschätzungen zu rechtfertigen. aa) Der Prüfer hat die Umsätze anhand des vom Antragsteller erklärten Wareneinsatzes unter Absetzung des Eigenverbrauchs auf der Grundlage eines Rohgewinnaufschlagsatzes von 312% ermittelt. Die Ermittlung des Rohgewinnaufschlagsatzes hat er in Anlage 1 zum Ap-Bericht dargestellt. Die Aufschlagsätze für die Getränke ergeben sich aus den im Rahmen der Prüfung ermittelten Wareneinkaufs- und Verkaufspreisen. Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, dass deren Ermittlung fehlerhaft erfolgt sei. Der Senat geht daher vorliegend davon aus, dass die Grundlagen dieses Teils der Kalkulation vom Antragsteller auch nicht bestritten werden. bb) Soweit sich der Antragsteller ausschließlich mit dem Argument der „verdeckten Ermittlung“ gegen den für Küchenwaren ermittelten Rohgewinnaufschlagsatz wendet, folgt der Senat dieser Ansicht nicht. aaa) Die im Rahmen der Testkäufe festgestellten steuererheblichen Tatsachen können nach § 85 Abs. 2 AO bei der Festsetzung verwertet werden. Weder die Maßname an sich noch die Verwertung der hieraus gewonnenen Erkenntnisse begegnet rechtlichen Bedenken. Der Senat hat keine ernsthaften Zweifel, dass Testkäufe bei einem Steuerpflichtigen ein probates Mittel zur Ermittlung des konkreten, in diesem Fall den Antragsteller betreffenden, besteuerungsrelevanten Sachverhalts sind. Entgegen der Ansicht des Antragstellers sind Testkäufe nicht mit verdeckten Ermittlungen vergleichbar. Es handelt sich vielmehr um eine allgemein übliche und besonders in Zivilverfahren im Bereich des Wettbewerbs- oder Urheberrechts gängige und grundsätzlich akzeptierte Maßnahme zur Beweissicherung. Aber auch gegen die Anwendung im Besteuerungsverfahren bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Gemäß § 88 Abs. 1 AO ermittelt die Finanzbehörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen und bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich hält, insbesondere kann sie den Augenschein einnehmen (§§ 88 Abs. 2, 92 AO). Die Einnahme des Augenscheins ist die sinnliche Wahrnehmung von Eigenschaften oder dem Zustand einer Sache, wobei unter Augenschein nicht nur die optische, sondern auch die geruchsmäßige, gefühlsmäßige oder akustische Wahrnehmung zu verstehen ist (Pahlke/Koenig/Wünsch AO § 98 Rz. 2). Der Testkauf, d. h. Ankauf und das Auswiegen eines fertigen Gerichts, ist eine gewichtsmäßige Wahrnehmung der Sache und eine Augenscheinseinnahme im Sinne des § 92 Satz 2 Nr. 4 AO. Diese Form der Beweiserhebung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde (§ 92 Satz 1 AO), sie muss erforderlich, geeignet und verhältnismäßig sein (Pahlke/ Koenig/ Wünsch AO § 98 Rz. 3). Der Senat hat keine Bedenken, dass diese Voraussetzungen der pflichtgemäßen Ermessensausübung vorliegend erfüllt sind. Die Maßnahme war erforderlich, da der Antragsteller den vom Prüfer für die Speisen angesetzten Aufschlagsatz von 280% bestritten hat und der vom Antragsteller mitgeteilte Aufschlagsatz von 120% für die Speisen in so erheblichem Maße von den in der Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr ... ermittelten Aufschlagsätzen für Gast- und Speisewirtschaften mit einem Umsatz (...) abwich (Rohgewinnaufschlagsätze von 150% bis 317%, Durchschnitt 213%), dass bereits aus diesem Grunde ein Ansatz in dieser Höhe bei der Kalkulation nicht ohne Überprüfung erfolgen konnte. Der Prüfer konnte bereits aufgrund dieser Abweichung davon ausgehen, dass der vom Antragsteller mitgeteilte Aufschlagsatz nicht dem tatsächlich von ihm angesetzten Aufschlagsatz entsprach und der Ansatz zu einem unzutreffenden Ergebnis führen würde. Hinsichtlich der in den Rezepten des Antragstellers angegebenen Gewichtsangaben hält der Senat die Bedenken des Prüfers für begründet. Der Senat hat keine Zweifel, dass die vom Antragsteller mitgeteilten Gewichtsangaben in den Rezepten nicht zutreffen und somit nicht als Grundlage einer Kalkulation dienen können. Der Antragsteller hat angeblich für die Gerichte Nr. x2x und x1x (geröstete Ente mit Gemüse bzw. Großgarnelen) jeweils 1000 g Ente veranschlagt, bereits nach den Angaben in handelsüblichen Kochbüchern mit chinesischen Gerichten reicht jedoch für vergleichbare Gerichte ca. 1 kg Ente für 3 bis 4 Portionen aus. Für diese Abweichung vom Üblichen hat der Antragsteller keine Begründung gegeben. Die Maßnahme ist auch zur Sachverhaltsermittlung geeignet gewesen, da sich durch das Auswiegen einfach und relativ verlässlich der Gewichtsanteil der wesentlichen Speisezutaten wie z. B. Fleisch, Gemüse, Soße und Reis ermitteln lässt. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit hat die Behörde zu prüfen, welche unter den an sich geeigneten Maßnahmen den Betroffenen am wenigsten belastet (Klein-Gersch AO § 5 Rz. 3). Die Maßnahme des Einkaufs und Auswiegens ist bei Ansatz dieses Beurteilungsmaßstabes verhältnismäßig gewesen, da andere Methoden entweder keine zuverlässigen Erkenntnisse vermittelt oder den Antragsteller weitaus mehr belastet hätten. So hätte der Prüfer zwar persönlich die Gerichte erwerben können; das Gericht hält es jedoch für nicht ausgeschlossen, dass der Prüfer in diesem Fall eine unüblich große Portion erhalten hätte, sodass diese Maßname zur Ermittlung des realistischen Sachverhalts nicht geeignet gewesen wäre. Daneben hätte noch die Möglichkeit bestanden, den Antragsteller zum Vorkochen der Gerichte aufzufordern. Diese Maßnahme hätte aber über längere Zeit an verschiedenen Tagen erfolgen müssen, um brauchbare Erkenntnisse zu liefern. Dieses hätte den Antragsteller erheblich stärker beeinträchtigt, sodass die Maßnahme des Ankaufs durch eine dem Antragsteller unbekannte Person das mildeste und unter dem Gesichtspunkt der Objektivität geeignetste Mittel zur Ermittlung des Sachverhalts hinsichtlich der Portionierung der Gerichte gewesen ist. Der Prüfer hat entsprechend der Anforderung des § 98 Abs. 1 AO eine zeitnahe Niederschrift über das Ergebnis des Wiegevorgangs erstellt, sodass die Maßnahme auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden ist. bbb) Der Prüfer hat die für Mittagsmenüs und Abendgerichte notwendige Gewichtung vorgenommen und diese ebenso bei der Kalkulation berücksichtigt. Das Gericht folgt der Kalkulation des Prüfers im summarischen Verfahren auch insoweit, als dieser für Nachspeisen, Suppen und Salat einen offenbar geschätzten Aufschlagsatz von 300% angesetzt hat, da dieser im Bereich der anderen Aufschlagsätze für Speisen liegt. cc) Die Tatsache, dass der so ermittelte Rohgewinnaufschlagsatz am oberen Rahmen der Rohgewinnaufschlagsätze liegt, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der auf den geschätzten Grundlagen festgesetzten Steuern. Zwar enthalten die durch Schätzung ermittelten Besteuerungsgrundlagen einen Unsicherheitsbereich, der vom Wahrscheinlichkeitsgrad der Schätzung abhängig ist. Soweit sich die Unschärfe, die jeder Schätzung anhaftet, zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt, muss er sie hinnehmen, zumal wenn er den Anlass für die Schätzung gegeben hat. Schätzungen müssen insgesamt in sich schlüssig sein; ihre Ergebnisse müssen darüber hinaus wirtschaftlich vernünftig und möglich sein (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 227 m.w.N.). Für die im Streitfall vorzunehmenden Schätzungen verlangt § 162 Abs. 1 Nr. 2 AO die Berücksichtigung aller Umstände, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Die Schätzung erweist sich erst dann als rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt. Wird die Schätzung erforderlich, weil der Steuerpflichtige wie vorliegend seinen Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten nicht genügt, können sich Finanzamt und Gericht an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren, weil der Steuerpflichtige möglicherweise Einkünfte verheimlichen wollte (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 1992 IV R 34/90, BFHE 169, 503, BStBl II 1993, 259, m.w.N.). Dem Antragsteller bleibt es hierbei unbenommen, im Hauptverfahren begründete Einwendungen gegen die Kalkulation und die auf dieser Grundlage ermittelte Höhe der Besteuerungsgrundlagen vorzubringen. Niedersächsisches Finanzgericht, Beschl. vom 02.09.2004 - 10 V 52/04 PRAXIS STEUERSTRAFRECHT 2006, 281

01.02.2006, Dr. Bachmann

Zurück