FG Hannover: Bestehen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Benennungsverlangens des Finanzamtes nach § 160 AO gegenüber dem Betreiber eines Metall- und Schrotthandels

Der 3. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts vertritt in seinem Beschluss die Rechtsauffassung, dass es dem Betreiber eines Schrotthofs in Ankaufsfällen, in denen ein „Strohmann“ die Zahlungen für einen hinter ihm stehenden tatsächlich am wirtschaftlichen Wert Berechtigten entgegennimmt, nur dann zuzumuten ist, sich über die Identität des „Hintermanns“ Gewissheit zu verschaffen, wenn ihm dieses personelle Auseinanderfallen im Zeitpunkt der Zahlung auch erkennbar ist.

Anderenfalls reicht allein die Benennung der Daten des zwischengeschalteten Anlieferers (und ggf. beteiligter Bevollmächtigter) aus, um den Betriebsausgabenabzug nicht zu gefährden.

Das Gericht legt hierzu dar:

„Es bestehen in diesem Geschäftsfeld … auf Seiten der Anlieferer bandenmäßige Verhältnisse, die sich mindestens teilweise aus bestimmten ethnischen Gruppen zusammensetzen. Die Herkunft der Altmetalle ist nicht immer klar nachvollziehbar. Die „Verteilung“ der Anlieferungen auf verschiedene Personen ist nicht untypisch, ohne dass bekannt wäre, auf welche Umstande oder Vereinbarungen dies im Einzelfall zurückzuführen ist. Nach Erfahrungen des Gerichts erweisen sich weitere Ermittlungen  in diese Richtung als schwierig. Soweit Erkenntnisse gewonnen werden können, führen diese zu Schätzungen nach § 162 AO, da die Beteiligten in der Regel keine Buchführung vorhalten und die Ausgaben (Ankauf von Altmetallen, Kosten der Sammlung, Bezahlung der Hilfskräfte usw.) nicht nachweisen können. Ob dort tatsächlich bei zutreffender Erfassung aller Betriebsausgaben nennenswerte Gewinne erwirtschaftet werden, ist nicht bekannt. Festgesetzte Steuerforderungen sind regelmäßig kaum beizutreiben. Falls weitere Hintermänner bestehen, werden diese – unstreitig – schon deshalb nicht benannt, da diese mit Drohungen und Gewalt ihre Anonymität schützen. Wenn aber schon der Finanzverwaltung und der Steuerfahndung solche Ermittlungen trotz der namentlichen Kenntnis mindestens einiger Beteiligter, die am Ende der Handelsstufen agieren, nicht gelingen, bietet die Regelung des § 160 AO dem Finanzamt nicht die Rechtfertigung dafür, die sonst nicht beizutreibenden Steuerforderungen hier bei dem Ankäufer der Waren zu realisieren. Der Steuerpflichtige müsste demnach Ermitttlungen in einem Umfang anstellen, die regelmäßig nicht einmal dem Finanzamt und der Steuerfahndung gelingen. Die Abwägung der Interessen des Steuergläubigers und der am Wirtschaftsleben Beteiligten gebietet es, diese Schwierigkeiten in Kauf zu nehmen und von den Steuerpflichtigen – hier den Antragstellern – keine weitere unzumutbare und unverhältnismäßige Benennung der Hintermänner abzuverlangen.“

 

Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 13.04.15, 3 V 234/14 (unveröffentlicht)

 

22.05.2015, Julia Maria Minnerup

Der 3. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts vertritt in seinem Beschluss die Rechtsauffassung, dass es dem Betreiber eines Schrotthofs in Ankaufsfällen, in denen ein „Strohmann“ die Zahlungen für einen hinter ihm stehenden tatsächlich am wirtschaftlichen Wert Berechtigten entgegennimmt, nur dann zuzumuten ist, sich über die Identität des „Hintermanns“ Gewissheit zu verschaffen, wenn ihm dieses personelle Auseinanderfallen im Zeitpunkt der Zahlung auch erkennbar ist.

Anderenfalls reicht allein die Benennung der Daten des zwischengeschalteten Anlieferers (und ggf. beteiligter Bevollmächtigter) aus, um den Betriebsausgabenabzug nicht zu gefährden.

Das Gericht legt hierzu dar:

„Es bestehen in diesem Geschäftsfeld … auf Seiten der Anlieferer bandenmäßige Verhältnisse, die sich mindestens teilweise aus bestimmten ethnischen Gruppen zusammensetzen. Die Herkunft der Altmetalle ist nicht immer klar nachvollziehbar. Die „Verteilung“ der Anlieferungen auf verschiedene Personen ist nicht untypisch, ohne dass bekannt wäre, auf welche Umstande oder Vereinbarungen dies im Einzelfall zurückzuführen ist. Nach Erfahrungen des Gerichts erweisen sich weitere Ermittlungen  in diese Richtung als schwierig. Soweit Erkenntnisse gewonnen werden können, führen diese zu Schätzungen nach § 162 AO, da die Beteiligten in der Regel keine Buchführung vorhalten und die Ausgaben (Ankauf von Altmetallen, Kosten der Sammlung, Bezahlung der Hilfskräfte usw.) nicht nachweisen können. Ob dort tatsächlich bei zutreffender Erfassung aller Betriebsausgaben nennenswerte Gewinne erwirtschaftet werden, ist nicht bekannt. Festgesetzte Steuerforderungen sind regelmäßig kaum beizutreiben. Falls weitere Hintermänner bestehen, werden diese – unstreitig – schon deshalb nicht benannt, da diese mit Drohungen und Gewalt ihre Anonymität schützen. Wenn aber schon der Finanzverwaltung und der Steuerfahndung solche Ermittlungen trotz der namentlichen Kenntnis mindestens einiger Beteiligter, die am Ende der Handelsstufen agieren, nicht gelingen, bietet die Regelung des § 160 AO dem Finanzamt nicht die Rechtfertigung dafür, die sonst nicht beizutreibenden Steuerforderungen hier bei dem Ankäufer der Waren zu realisieren. Der Steuerpflichtige müsste demnach Ermitttlungen in einem Umfang anstellen, die regelmäßig nicht einmal dem Finanzamt und der Steuerfahndung gelingen. Die Abwägung der Interessen des Steuergläubigers und der am Wirtschaftsleben Beteiligten gebietet es, diese Schwierigkeiten in Kauf zu nehmen und von den Steuerpflichtigen – hier den Antragstellern – keine weitere unzumutbare und unverhältnismäßige Benennung der Hintermänner abzuverlangen.“

 

Niedersächsisches Finanzgericht, Beschluss vom 13.04.15, 3 V 234/14 (unveröffentlicht)

 

22.05.2015, Julia Maria Minnerup

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