FG Hannover: Anspruch auf Akteneinsicht im Steuerverwaltungsverfahren

Finanzgericht bejaht regelmäßigen Anspruch auf Akteneinsicht im Steuerverwaltungsverfahren

 

Mit Urteil vom 18.03.2022 (7 K 11127/18) hat der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts zu der Frage Stellung genommen, ob Steuerpflichtige einen Anspruch auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren haben, ob Art. 15 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf direkte Steuern Anwendung findet und ob die Vorschrift einen gesonderten Anspruch auf Akteneinsicht umfasst.

Die Kläger hatten für die Erstellung der Steuererklärung einen Steuerberater beauftragt und ihn zur Entgegennahme des Bescheides bevollmächtigt. Erst nach der Bestandskraft des Steuerbescheides haben die Kläger von dem Bescheid Kenntnis erlangt. Den Erläuterungen in dem Bescheid konnten sie entnehmen, dass es Rückfragen gegeben hatte, von denen sie ebenfalls keine Kenntnis hatten. Da der (nunmehr ehemalige) Steuerberater keine Auskunft gegeben hatte, beantragten sie beim Finanzamt Akteneinsicht um die Angaben zu überprüfen und um ggf. Regress nehmen zu können.

Dies lehnte das Finanzamt ab. Den Klägern fehle das notwendige berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht. Ein Anspruch würde sich auch nicht aus der DSGVO ergeben.

Der 7. Senat folgte dem Finanzamt nicht und gab den Klägern Recht.

Das Finanzamt habe das Akteneinsichtsgesuch ermessenfehlerhaft abgelehnt. Anders als andere Verfahrensordnungen enthalte die Abgabenordnung zwar kein normiertes Akteneinsichtsrecht im Verwaltungsverfahren, dem Steuerpflichtigen stehe aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein Anspruch auf ermessensgerechte Entscheidung zu. Hierbei habe das Finanzamt die Belange des Steuerpflichtigen mit denen der Behörde abzuwägen.

Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat in seiner Entscheidung die abzuwägenden Rechtsgüter konkretisiert und ausgeführt, dass aus dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) i.V. mit dem Prozessgrundrecht gemäß Art. 19 Abs. 4 GG und dem nunmehr in Art. 41 II lit. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausdrücklich verankerten Recht auf Gehör grundsätzlich ein Akteneinsichtsrecht folge, welches die Finanzbehörde mit dem Schutz Dritter und ihrem Ermittlungsinteresse sowie ihrem Verwaltungsaufwand abzuwägen habe.

Weiterhin hat der Senat ausgeführt, dass Art 15 DSGVO auch auf direkte Steuern (wie die Einkommensteuer) Anwendung finde. Art. 15 DSGVO sehe jedoch nur ein Auskunftsrecht vor. Ob dieses Auskunftsrecht durch Akteneinsicht oder auf anderem Wege zu erfüllen sei, müsse das Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Das Gericht konnte diese Frage dahinstehen lassen, da den Klägern bereits aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ein Akteneinsichtsrecht zustand.

Der Senat hat die Revision zugelassen.

Quelle: Newsletter des FG Hannover Nr. 5/2022 vom 27.04.22

Finanzgericht bejaht regelmäßigen Anspruch auf Akteneinsicht im Steuerverwaltungsverfahren

 

Mit Urteil vom 18.03.2022 (7 K 11127/18) hat der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts zu der Frage Stellung genommen, ob Steuerpflichtige einen Anspruch auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren haben, ob Art. 15 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf direkte Steuern Anwendung findet und ob die Vorschrift einen gesonderten Anspruch auf Akteneinsicht umfasst.

Die Kläger hatten für die Erstellung der Steuererklärung einen Steuerberater beauftragt und ihn zur Entgegennahme des Bescheides bevollmächtigt. Erst nach der Bestandskraft des Steuerbescheides haben die Kläger von dem Bescheid Kenntnis erlangt. Den Erläuterungen in dem Bescheid konnten sie entnehmen, dass es Rückfragen gegeben hatte, von denen sie ebenfalls keine Kenntnis hatten. Da der (nunmehr ehemalige) Steuerberater keine Auskunft gegeben hatte, beantragten sie beim Finanzamt Akteneinsicht um die Angaben zu überprüfen und um ggf. Regress nehmen zu können.

Dies lehnte das Finanzamt ab. Den Klägern fehle das notwendige berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht. Ein Anspruch würde sich auch nicht aus der DSGVO ergeben.

Der 7. Senat folgte dem Finanzamt nicht und gab den Klägern Recht.

Das Finanzamt habe das Akteneinsichtsgesuch ermessenfehlerhaft abgelehnt. Anders als andere Verfahrensordnungen enthalte die Abgabenordnung zwar kein normiertes Akteneinsichtsrecht im Verwaltungsverfahren, dem Steuerpflichtigen stehe aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein Anspruch auf ermessensgerechte Entscheidung zu. Hierbei habe das Finanzamt die Belange des Steuerpflichtigen mit denen der Behörde abzuwägen.

Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat in seiner Entscheidung die abzuwägenden Rechtsgüter konkretisiert und ausgeführt, dass aus dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) i.V. mit dem Prozessgrundrecht gemäß Art. 19 Abs. 4 GG und dem nunmehr in Art. 41 II lit. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausdrücklich verankerten Recht auf Gehör grundsätzlich ein Akteneinsichtsrecht folge, welches die Finanzbehörde mit dem Schutz Dritter und ihrem Ermittlungsinteresse sowie ihrem Verwaltungsaufwand abzuwägen habe.

Weiterhin hat der Senat ausgeführt, dass Art 15 DSGVO auch auf direkte Steuern (wie die Einkommensteuer) Anwendung finde. Art. 15 DSGVO sehe jedoch nur ein Auskunftsrecht vor. Ob dieses Auskunftsrecht durch Akteneinsicht oder auf anderem Wege zu erfüllen sei, müsse das Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Das Gericht konnte diese Frage dahinstehen lassen, da den Klägern bereits aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ein Akteneinsichtsrecht zustand.

Der Senat hat die Revision zugelassen.

Quelle: Newsletter des FG Hannover Nr. 5/2022 vom 27.04.22

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