FG Hamburg: Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GmbH kein geldwerter Vorteil für die angestellten Anwälte
07.12.2015
Die Beiträge einer Rechtsanwalts-GmbH für ihre eigene Berufshaftpflichtversicherung führen nicht zu Arbeitslohn bei den angestellten Rechtsanwälten, weil der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung Voraussetzung für die Zulassung der Gesellschaft zur Rechtsanwaltschaft ist.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine nach § 59c Abs. 1 BRAO zugelassene Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Für ihre Zulassung als Rechtsanwalts-GmbH im Sinne von § 59c BRAO schloss die Klägerin eine eigene Berufshaftpflichtversicherung ab. Versicherungsnehmerin ist allein die Klägerin. Jeder angestellte Anwalt der Klägerin unterhielt zudem die nach § 51 BRAO für die Zulassung als Rechtsanwalt notwendige persönliche Berufshaftpflichtversicherung. Diese Beiträge wurden von der Klägerin übernommen und von ihr vollständig der Lohnsteuer unterworfen. Für die Beiträge für ihre eigene Haftpflichtversicherung führte die Klägerin keine Lohnsteuer ab. Hierfür nahm der Beklagte die Klägerin nach einer Lohnsteueraußenprüfung in Haftung.
Aus den Gründen:
Vorliegend ist bereits der Haftungstatbestand nicht erfüllt, da es sich bei den von der Klägerin gezahlten Versicherungsbeiträgen für ihre eigene Berufshaftpflichtversicherung nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelt. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung gewährt werden, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Dem Tabestandsmerkmale „für“ ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter haben muss. Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen, mithin im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Dies liegt vor, wenn der Vorteil notwendig mit der Zielverwirklichung des Arbeitgebers verbunden ist und keine Möglichkeiten in Betracht kommen, die den Arbeitnehmer weniger begünstigen.
Im Rahmen einer Gesamtwürdigung muss aus den Begleitumständen zu schließen sein, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund steht. In diesem Fall des „ganz überwiegend“ eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Das überwiegend eigenbetriebliche Interesse der Klägerin am eigenen Versicherungsschutz ergibt sich bereits daraus, dass dieser unabdingbar für die Verwirklichung ihres Gesellschaftszwecks – die Rechtsberatung – ist. Denn nach § 59j Abs. 1 BRAO ist die Rechtsanwaltsgesellschaft verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und diese während der Dauer ihrer Zulassung aufrechtzuerhalten. Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung war für die Klägerin schlichtweg betriebsnotwendig.
FG Hamburg, Urteil vom 04.11.2014 – 2 K 95/14, DStRE 2015, 1412
Revision eingelegt, BFH VI R 74/14
07.12.2015, Stefanie Stern