BGH: Steuerberaterhaftung, verspätete Insolvenzantragstellung aufgrund pflichtwidrig nicht erkannter Überschuldung der Gesellschaft

Der für das Haftungsrecht der Steuerberater zuständige IX. Senat des Bundesgerichtshof hat in einer jüngeren Entscheidung zu der Frage Stellung genommen, in welchen Fällen ein mit der Erstellung der Steuerbilanz beauftragter Steuerberater im Einzelfall aufgrund einer verspäteten Insolvenzantragstellung des Mandanten haftet. Ebenso enthält die angesprochene Entscheidung Ausführungen dazu, wie in diesen Fällen der konkrete Schaden zu berechnen ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Insolvenzverwalter einer  mittlerweile insolventen GmbH die frühere Steuerberaterin der Insolvenzschuldnerin in Anspruch genommen. Diese hatte für die GmbH seinerzeit die Jahresabschlüsse erstellt, im Bilanzbericht zum letzten Jahresabschluss aber zudem die Anmerkung aufgenommen, der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag von € 46.541,38 sei allein auf eine „Überschuldung rein bilanzieller Natur“ zurückzuführen, da Rangrücktrittserklärungen in Höhe von insgesamt € 48.278,68 vorlägen und der Gesellschaft aufgrund des hohen Anteils an Stammkunden ein hoher Firmenwert zukomme. Der Insolvenzverwalter hatte die Steuerberaterin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Zahlung eines Betrages von € 264.938,88 in Anspruch genommen. Die Höhe des Klageanspruchs ergebe sich dabei aus den aufgrund der nicht rechtzeitigen Antragstellung begründeten weiteren Verbindlichkeiten.

Die Entscheidung ist vor allem deshalb interessant, da Insolvenzverwalter in jüngster Zeit vermehrt dazu übergehen, die früheren steuerlichen Berater der Insolvenzschuldner in Regress zu nehmen. Vielfach wird dies schlicht damit begründet, dass diese schließlich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens kannten. In der Vergangenheit hatte der BGH hierzu bereits ausgeführt, dass das steuerberatende Dauermandat bei üblichem Zuschnitt grundsätzlich keine Pflicht begründet, den Mandanten bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz darauf hinzuweisen, dass es die Pflicht des Geschäftsführers ist, eine Überprüfung vorzunehmen oder in Auftrag zu geben, ob Insolvenzreife vorliegt und ggf. gemäß § 15a InsO Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden muss (BGH, Urteil vom 07.03.2013, IX ZR 64/12, DB 2013, 928).

Die Leitsätze der Entscheidung lauten:

1. Erklärt der vertraglich lediglich mit der Erstellung der Steuerbilanz betraute Steuerberater, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorliege, haftet er der Gesellschaft wegen der Folgen der dadurch bedingten verspäteten Insolvenzantragstellung.

2. Der durch eine verspätete Insolvenzantragstellung verursachte Schaden der Gesellschaft bemisst sich nach der Differenz zwischen ihrer Vermögenslage im Zeitpunkt rechtzeitiger Antragstellung im Vergleich zu ihrer Vermögenslage im Zeitpunkt des tatsächlich gestellten Antrags.

3. Wird der Insolvenzantrag einer GmbH infolge einer fehlerhaften Abschlussprüfung verspätet gestellt, trifft die Gesellschaft mit Rücksicht auf ihre Selbstprüfungspflicht in der Regel ein Mitverschulden an dem dadurch bedingten Insolvenzverschleppungsschaden.

 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.06.2013 IX ZR 204/12
DB 2013, 1323

 

23.07.2013, Dr. Christian Gercke

Der für das Haftungsrecht der Steuerberater zuständige IX. Senat des Bundesgerichtshof hat in einer jüngeren Entscheidung zu der Frage Stellung genommen, in welchen Fällen ein mit der Erstellung der Steuerbilanz beauftragter Steuerberater im Einzelfall aufgrund einer verspäteten Insolvenzantragstellung des Mandanten haftet. Ebenso enthält die angesprochene Entscheidung Ausführungen dazu, wie in diesen Fällen der konkrete Schaden zu berechnen ist.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Insolvenzverwalter einer  mittlerweile insolventen GmbH die frühere Steuerberaterin der Insolvenzschuldnerin in Anspruch genommen. Diese hatte für die GmbH seinerzeit die Jahresabschlüsse erstellt, im Bilanzbericht zum letzten Jahresabschluss aber zudem die Anmerkung aufgenommen, der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag von € 46.541,38 sei allein auf eine „Überschuldung rein bilanzieller Natur“ zurückzuführen, da Rangrücktrittserklärungen in Höhe von insgesamt € 48.278,68 vorlägen und der Gesellschaft aufgrund des hohen Anteils an Stammkunden ein hoher Firmenwert zukomme. Der Insolvenzverwalter hatte die Steuerberaterin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Zahlung eines Betrages von € 264.938,88 in Anspruch genommen. Die Höhe des Klageanspruchs ergebe sich dabei aus den aufgrund der nicht rechtzeitigen Antragstellung begründeten weiteren Verbindlichkeiten.

Die Entscheidung ist vor allem deshalb interessant, da Insolvenzverwalter in jüngster Zeit vermehrt dazu übergehen, die früheren steuerlichen Berater der Insolvenzschuldner in Regress zu nehmen. Vielfach wird dies schlicht damit begründet, dass diese schließlich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens kannten. In der Vergangenheit hatte der BGH hierzu bereits ausgeführt, dass das steuerberatende Dauermandat bei üblichem Zuschnitt grundsätzlich keine Pflicht begründet, den Mandanten bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz darauf hinzuweisen, dass es die Pflicht des Geschäftsführers ist, eine Überprüfung vorzunehmen oder in Auftrag zu geben, ob Insolvenzreife vorliegt und ggf. gemäß § 15a InsO Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden muss (BGH, Urteil vom 07.03.2013, IX ZR 64/12, DB 2013, 928).

Die Leitsätze der Entscheidung lauten:

1. Erklärt der vertraglich lediglich mit der Erstellung der Steuerbilanz betraute Steuerberater, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht vorliege, haftet er der Gesellschaft wegen der Folgen der dadurch bedingten verspäteten Insolvenzantragstellung.

2. Der durch eine verspätete Insolvenzantragstellung verursachte Schaden der Gesellschaft bemisst sich nach der Differenz zwischen ihrer Vermögenslage im Zeitpunkt rechtzeitiger Antragstellung im Vergleich zu ihrer Vermögenslage im Zeitpunkt des tatsächlich gestellten Antrags.

3. Wird der Insolvenzantrag einer GmbH infolge einer fehlerhaften Abschlussprüfung verspätet gestellt, trifft die Gesellschaft mit Rücksicht auf ihre Selbstprüfungspflicht in der Regel ein Mitverschulden an dem dadurch bedingten Insolvenzverschleppungsschaden.

 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.06.2013 IX ZR 204/12
DB 2013, 1323

 

23.07.2013, Dr. Christian Gercke

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