BFH: Mindestbesteuerung im Jahr 1999 verfassungswidrig

Erstmals für das Jahr 1999 hatte der Gesetzgeber durch eine allgemeine Begrenzung der Verlustverrechnung ab 100 000 DM (51 500 €) in § 2 Abs. 3, § 10d des Einkommensteuergesetzes eine sog. Mindeststeuer eingeführt. Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hält diese Mindeststeuerregelung wegen Verletzung des Grundsatzes der Normenklarheit für verfassungswidrig und hat mit Beschluss vom 6. September 2006 ein bei ihm anhängiges Revisionsverfahren ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eingeholt. Der Vorlagefall betrifft zusammenveranlagte Eheleute, die beide Einkünfte erzielten. Das Finanzamt hatte bei der Veranlagung für 1999 die Verluste des Ehemannes aus Vermietung und Verpachtung nur begrenzt berücksichtigt. Mit der Revision wurde die Verfassungswidrigkeit der bis einschließlich 2003 geltenden beschränkten Verlustverrechnung geltend gemacht. Dem ist der XI. Senat insoweit gefolgt, als er in Übereinstimmung mit der nahezu einhelligen Meinung in der Literatur die Mindeststeuerregelung für unverständlich hält. Nach der Rechtsprechung des BVerfG müsse aus rechtsstaatlichen Gründen der Steuerpflichtige --und nicht nur ein Experte-- anhand der gesetzlichen Regelung die Rechtslage so erkennen können, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag. Dieser Anforderung entspreche die Mindeststeuerregelung nicht, denn sie verwende sprachlich kaum abgrenzbare, teilweise sogar unzutreffende unbestimmte Gesetzesbegriffe, sei teilweise unvollständig und rechtssystematisch irreführend. Sie enthalte widersprüchliche Rechtsfolgeanordnungen und bediene sich insbesondere bei zusammenveranlagten Eheleuten und im Zusammenhang mit dem Vortrag und Rücktrag von Verlusten in andere Jahre einer unübersichtlichen Verweisungstechnik. Zusammen mit den übrigen Unklarheiten ergebe sich daraus die Verfassungswidrigkeit der Normen wegen Verletzung des Grundsatzes der Normenklarheit; sie dürften deshalb nicht angewandt werden. Über die Fragen, ob die Regelung der Mindeststeuer auch wegen Verletzung des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, der Eigentumsgarantie, der Handlungsfreiheit und des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Steuerfreistellung des Existenzminimums verfassungswidrig war, brauchte der BFH danach nicht mehr zu entscheiden. Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs vom 31.10.06

06.11.2006, Dr. Bachmann

Erstmals für das Jahr 1999 hatte der Gesetzgeber durch eine allgemeine Begrenzung der Verlustverrechnung ab 100 000 DM (51 500 €) in § 2 Abs. 3, § 10d des Einkommensteuergesetzes eine sog. Mindeststeuer eingeführt. Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hält diese Mindeststeuerregelung wegen Verletzung des Grundsatzes der Normenklarheit für verfassungswidrig und hat mit Beschluss vom 6. September 2006 ein bei ihm anhängiges Revisionsverfahren ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eingeholt. Der Vorlagefall betrifft zusammenveranlagte Eheleute, die beide Einkünfte erzielten. Das Finanzamt hatte bei der Veranlagung für 1999 die Verluste des Ehemannes aus Vermietung und Verpachtung nur begrenzt berücksichtigt. Mit der Revision wurde die Verfassungswidrigkeit der bis einschließlich 2003 geltenden beschränkten Verlustverrechnung geltend gemacht. Dem ist der XI. Senat insoweit gefolgt, als er in Übereinstimmung mit der nahezu einhelligen Meinung in der Literatur die Mindeststeuerregelung für unverständlich hält. Nach der Rechtsprechung des BVerfG müsse aus rechtsstaatlichen Gründen der Steuerpflichtige --und nicht nur ein Experte-- anhand der gesetzlichen Regelung die Rechtslage so erkennen können, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag. Dieser Anforderung entspreche die Mindeststeuerregelung nicht, denn sie verwende sprachlich kaum abgrenzbare, teilweise sogar unzutreffende unbestimmte Gesetzesbegriffe, sei teilweise unvollständig und rechtssystematisch irreführend. Sie enthalte widersprüchliche Rechtsfolgeanordnungen und bediene sich insbesondere bei zusammenveranlagten Eheleuten und im Zusammenhang mit dem Vortrag und Rücktrag von Verlusten in andere Jahre einer unübersichtlichen Verweisungstechnik. Zusammen mit den übrigen Unklarheiten ergebe sich daraus die Verfassungswidrigkeit der Normen wegen Verletzung des Grundsatzes der Normenklarheit; sie dürften deshalb nicht angewandt werden. Über die Fragen, ob die Regelung der Mindeststeuer auch wegen Verletzung des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, der Eigentumsgarantie, der Handlungsfreiheit und des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Steuerfreistellung des Existenzminimums verfassungswidrig war, brauchte der BFH danach nicht mehr zu entscheiden. Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs vom 31.10.06

06.11.2006, Dr. Bachmann

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