BFH: Gewerbesteuerfreiheit erstreckt sich auch auf die Besitzgesellschaft

Die Befreiung der Betriebsgesellschaft von der Gewerbesteuer erstreckt sich bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit des Besitzunternehmens. Der BFH änderte damit seine bisherige ständige Rechtsprechung. Leitsatz Die Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG erstreckt sich bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit des Besitzpersonenunternehmens (Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung; vgl. dazu insbesondere BFH-Urteile vom 13. Oktober 1983 I R 187/79, BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115; vom 12. November 1985 VIII R 282/82, BFH/NV 1986, 362; vom 19. März 2002 VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662).Aus den Gründen Zu Recht hat das FG in Übereinstimmung mit den Beteiligten angenommen, dass zwischen dem bis zu dessen Tod vom Ehemann der Klägerin und anschließend von ihr selbst betriebenen Verpachtungsunternehmen und der C-GmbH in den streitigen Erhebungszeiträumen eine (unechte) Betriebsaufspaltung bestand. Dies hat zur Folge, dass die hier in Rede stehende Verpachtungstätigkeit der Klägerin und --zuvor-- ihres Ehemannes als gewerblich zu qualifizieren war. Die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG kommt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht nur dem Betriebsunternehmen, sondern auch dem Besitzunternehmen zugute. Allerdings hat die bisherige Rechtsprechung des BFH in den Fällen der Betriebsaufspaltung eine Erstreckung der Befreiungstatbestände des § 3 Nr. 20 GewStG und vergleichbarer gewerbesteuerrechtlicher Regelungen auf Besitzunternehmen abgelehnt. Die von der bisherigen Rechtsprechung gegen eine Erstreckung des in Rede stehenden gewerbesteuerrechtlichen Befreiungstatbestandes auf das Besitzunternehmen angeführten Argumente vermögen aus den folgenden Gründen nicht zu überzeugen. Der Hinweis auf die zivil- und steuerrechtliche Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen ist zwar zutreffend, rechtfertigt aber für sich genommen nicht die Versagung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG. Zwar hat sich der Große Senat des BFH in seinem grundlegenden Beschluss in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 von der bis dahin in der höchstrichterlichen Rechtsprechung herrschenden Vorstellung vom Besitz- und Betriebsunternehmen als einem in wirtschaftlicher Betrachtung einheitlichen Unternehmen gelöst. Dies ändert aber nichts daran, dass trotz Vorhandenseins zweier --zivil- wie steuerrechtlich-- eigenständiger Unternehmen beide Organisationseinheiten --per definitionem-- sowohl personell als auch sachlich miteinander verflochten sind. In diesem Sinne hebt bereits der Große Senat in dem zitierten Beschluss als entscheidenden, die Betriebsaufspaltung konstituierenden Umstand hervor, dass "die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Denn dann unterscheidet sich die Tätigkeit des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines normalen Vermieters". Diesen Gesichtspunkt hatte auch schon das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 14. Januar 1969 1 BvR 136/62 (BVerfGE 25, 28, 37) betont: Ein Mietverhältnis, dessen Vertragsparteien --wie in den Fällen der Betriebsaufspaltung-- wirtschaftlich identisch seien und gleichgerichtete Interessen verfolgten, könne ohne Verfassungsverstoß anders beurteilt werden als ein Mietverhältnis zwischen Unternehmen, die betrieblich und personell nicht miteinander verflochten seien. Bei der Betriebsaufspaltung würden die eine wesentliche Betriebsgrundlage ausmachenden Wirtschaftsgüter in die wirtschaftliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft einbezogen und infolge der durch den Anteilsbesitz begründeten Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten dem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen der hinter beiden Unternehmen stehenden Personen unterstellt. Die Vermietung oder Verpachtung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in der Verbindung mit der Beherrschung der Betriebsgesellschaft stelle die Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit des Besitzunternehmens dar. Seine Inhaber nähmen mit der Vermietung oder Verpachtung an der gewerblichen Tätigkeit der Betriebsgesellschaft teil und trügen in gewissem Umfang das Risiko der Betriebsgesellschaft. Die mit § 3 Nr. 20 GewStG verfolgten Zwecke werden in den Fällen der Betriebsaufspaltung entgegen der Intention des Gesetzgebers nur unvollkommen erreicht, sofern man --mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH-- eine Erstreckung der entsprechenden Befreiungstatbestände auf das Besitzunternehmen verneint. Denn solchenfalls unterliegen der Gewerbesteuer nicht allein nur diejenigen Erträge, welche das Besitzunternehmen aus den vom Betriebsunternehmen entrichteten Mieten und Pachten erzielt. Vielmehr gilt dies im Grundsatz auch für den gesamten im Betriebsunternehmen erwirtschafteten Gewinn und Gewerbeertrag. Dieser bleibt zwar vorläufig --d.h. soweit und solange die Betriebs-GmbH die in ihrem Betrieb erwirtschafteten Gewinne (Gewerbeerträge) thesauriert-- von Gewerbesteuer unbelastet, wird aber spätestens in dem Augenblick beim Besitzunternehmen in vollem Umfang der Gewerbesteuer unterworfen, in welchem er an das Besitzunternehmen oder an dessen Inhaber bzw. an deren Gesellschafter ausgeschüttet wird. Letzteres folgt aus dem Umstand, dass die Anteile des Besitzunternehmers oder der Besitzgesellschafter an der Betriebskapitalgesellschaft zu ihrem notwendigen Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen beim Besitzunternehmen gehören und die Ausschüttungen der Betriebskapitalgesellschaft beim Besitzunternehmen mangels Eingreifens des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs (vgl. § 9 Nr. 2a GewStG), dessen Anwendung die hier nicht bestehende Gewerbesteuerpflicht auf der Ebene der ausschüttenden Kapitalgesellschaft voraussetzt, ungeschmälert der Gewerbesteuer unterliegen. Die vom erkennenden Senat befürwortete Erstreckung des § 3 Nr. 20 GewStG auf das Besitzunternehmen findet ihre Bestätigung nicht zuletzt in der ständigen Judikatur des III. Senats des BFH zum Investitionszulagenrecht. In seinem grundlegenden Urteil vom 20. Mai 1988 III R 86/83 (BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739, unter 3.a) führt der III. Senat aus: "Ließe man hier (meint: in den Fällen der Betriebsaufspaltung) die Gewährung der Zulage unter dem formalen Gesichtspunkt, dass Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen rechtlich selbständige Unternehmen sind, nicht zu, so wäre eine Zulage in den typischen Fällen der Betriebsaufspaltung gänzlich ausgeschlossen. Denn die Besitzgesellschaft investiert hier zwar, aber sie nutzt die von ihr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter nicht selbst im eigenen Betrieb, die Betriebsgesellschaft nutzt die Wirtschaftsgüter zwar, sie hat selbst aber nicht investiert. Dieses Ergebnis widerspräche der Rechtsnatur der Betriebsaufspaltung, die weit verbreitet und von der Rechtsprechung anerkannt ist. Ihr Sinn und Zweck besteht gerade darin, dass die Funktionen eines normalerweise einheitlichen Betriebes bei ihr auf zwei Rechtsträger und damit zwei Betriebe aufgeteilt sind." Wie bereits ausgeführt, dient der gesundheits- und wirtschaftspolitisch motivierte Gewerbesteuerbefreiungstatbestand des § 3 Nr. 20 GewStG der Kostenentlastung bei den Trägern der dort begünstigten Einrichtungen. Diese Vorschrift ist mithin eine Sozialzwecknorm, die --ebenso wie das Investitionszulagenrecht-- zum Wirtschaftsrecht gehört und die als sog. Verschonungssubvention in ihrer Wirkung durchaus mit offenen Subventionen vergleichbar ist. Der Zweck solcher Steuerbefreiungen (und Steuervergünstigungen) ist letztlich der gleiche wie bei den direkten Subventionen (z.B. Investitionszulagen), nämlich Anreize zur Verwirklichung eines bestimmten vom Gesetzgeber gewünschten Verhaltens des Steuerpflichtigen zu schaffen. Für eine Gleichbehandlung des Problems der "Merkmalsübertragung" bei der Investitionszulage und anderen Steuervergünstigungen und Steuerbefreiungen spricht überdies der Umstand, dass die im Investitionszulagenrecht verwendeten Begriffe nach ständiger Rechtsprechung des BFH nach steuerrechtlichen Grundsätzen auszulegen sind. Mit dieser Sichtweise steht des Weiteren auch im Einklang, dass die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 1985, 683 (unter V.) die von der Rechtsprechung des III. Senats zur Investitionszulage entwickelten und auch in der Verwaltungspraxis angewendeten Grundsätze auch auf andere indirekte Subventionen (Steuervergünstigungen) ausgedehnt hat, namentlich auf die Sonderabschreibungen nach § 3 Abs. 2 des Zonenrandförderungsgesetzes (ZRFG), erhöhte Absetzungen für Wirtschaftsgüter, die dem Umweltschutz dienen (§ 7d Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 EStG), die Bewertungsfreiheit für Fabrikgebäude, Lagerhäuser und landwirtschaftliche Betriebsgebäude (§ 7e Abs. 1 Satz 1 EStG), die Sonderabschreibung zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe (§ 7g Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG), erhöhte Absetzungen für unbewegliche Wirtschaftsgüter in einer Berliner Betriebsstätte (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) und die Bewertungsfreiheit für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Forschung und Entwicklung dienen (§ 82d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung --EStDV--). Im BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 451 befürwortet die Finanzverwaltung die entsprechende Anwendung dieser Grundsätze auch für die Gewährung von Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz (FördG). Die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung findet eine Stütze auch in dem zur "Abfärberegelung" des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ergangenen BFH-Urteil vom 30. August 2001 IV R 43/00 (BFHE 196, 511, BStBl II 2002, 152). Die vom erkennenden Senat im Streitfall befürwortete Erstreckung der Gewerbesteuerbefreiung auf das Besitzunternehmen wird schließlich auch nicht durch das BFH-Urteil vom 4. Juni 2003 I R 100/01 (BFHE 203, 171, BStBl II 2004, 244) in Frage gestellt. Dort hat der I. Senat des BFH entschieden, dass sich die Befreiung einer Organgesellschaft von der Gewerbesteuer gemäß § 3 Nr. 20 GewStG auch dann nicht auf eine andere, die Befreiungsvoraussetzungen ihrerseits nicht erfüllende Organgesellschaft (Schwestergesellschaft) desselben Organkreises erstrecke, wenn die Tätigkeiten der Gesellschaften sich gegenseitig ergänzten. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer gesetzlichen Steuerbefreiung müssten von der jeweiligen Organgesellschaft selbst erfüllt werden. Die im hier vorliegenden Streitfall zu beurteilende Konstellation der Betriebsaufspaltung ist mit dem dort gewürdigten Fall der (gewerbesteuerrechtlichen) Organschaft nicht vergleichbar. Gemeinsamkeiten weisen die beiden Konstellationen zwar insoweit auf, als es hier wie dort um die Beurteilung des Verhältnisses zweier rechtlich selbständiger Unternehmen zueinander geht, die zudem personell miteinander verflochten sind. Anders als bei der hier zu beurteilenden Betriebsaufspaltung fehlte es im dort entschiedenen Organschaftsfall bereits an einer sachlichen Verflechtung der beiden Schwester- und Organgesellschaften im Sinne der zur Betriebsaufspaltung entwickelten Grundsätze, wenngleich auch die Tätigkeitsbereiche der beiden Schwesterunternehmen, von denen das eine ein nach § 3 Nr. 20 GewStG befreites Krankenhaus und das andere ein --jedenfalls isoliert betrachtet-- nicht gewerbesteuerfreies Thermalwasserbad zur Heil-, Vorsorge- und Kurbehandlung betrieb, einander ergänzt haben mögen. Vor allem kommt aber hinzu, dass der im Betriebsaufspaltungsfall eingreifende --wie dargelegt ein sehr gewichtiges Argument für die Ausdehnung des Befreiungstatbestands auf das Besitzunternehmen liefernde-- "Abfärbe- bzw. Infektionsgedanke", wonach der gewerbliche Charakter der an sich vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens durch die Gewerblichkeit des Betriebsunternehmens determiniert wird, im vom I. Senat zu beurteilenden Organschaftsfall, in dem beide Schwestergesellschaften unabhängig voneinander jeweils gewerbliche Unternehmen betrieben, keine Rolle spielte. Ein weiterer --nach Auffassung des erkennenden Senats ebenfalls wesentlicher-- Unterschied zwischen dem die "klassische" Konstellation der Betriebsaufspaltung betreffenden Streitfall, in welchem das Besitzunternehmen die Rechtsform eines Personenunternehmens (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) besitzt und als Betriebsunternehmen einer Kapitalgesellschaft fungiert, und dem vom I. Senat entschiedenen Sachverhalt der Organschaft besteht darin, dass im letztgenannten Fall die Anteile an der einen Schwestergesellschaft nicht etwa der anderen (gleichgeordneten) Schwestergesellschaft zuzuordnen sind, sondern vielmehr die Anteile an beiden Gesellschaften der gemeinsamen Muttergesellschaft (Organträgerin) gehören. Anders stellt sich die Lage hingegen bei der Betriebsaufspaltung dar. Hier gehören die Anteile der beide Unternehmen beherrschenden Gesellschafter zum notwendigen Betriebs- bzw. Sonderbetriebsvermögen beim Besitzunternehmen mit der bereits beschriebenen Folge, dass im Falle einer Ablehnung der Erstreckung der Gewerbesteuerbefreiung auf das Besitzunternehmen entgegen der vom Gesetzgeber mit der Gewerbesteuerbefreiung verfolgten Intention eine Nachversteuerung des Gewerbeertrages des Betriebsunternehmens stattfindet, soweit und sobald der dort erwirtschaftete Gewinn (Gewerbeertrag) an den oder die beherrschenden Gesellschafter beider Unternehmen ausgeschüttet wird. Mit dieser Entscheidung weicht der Senat von den Urteilen des I. Senats in BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115, und des VIII. Senats in BFH/NV 1986, 362, und in BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662 sowie von dem Beschluss des IV. Senats in BFH/NV 1992, 333 ab. Die betroffenen Senate haben auf Anfrage mitgeteilt, dass sie der Abweichung zustimmen (vgl. Beschlüsse des I. und des IV. Senats vom 28. Januar 2004 I ER -S- 3/03, und vom 26. Februar 2004 IV ER -S- 6/03, sowie nunmehr auch des VIII. Senats des BFH vom 17. Januar 2006 VIII ER -S- 1/06). BFH, Urteil vom 29.03.06, X R 59/00 Der Betrieb 2006, 1352

03.07.2006, Kastaun

Die Befreiung der Betriebsgesellschaft von der Gewerbesteuer erstreckt sich bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit des Besitzunternehmens. Der BFH änderte damit seine bisherige ständige Rechtsprechung. Leitsatz Die Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG erstreckt sich bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit des Besitzpersonenunternehmens (Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung; vgl. dazu insbesondere BFH-Urteile vom 13. Oktober 1983 I R 187/79, BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115; vom 12. November 1985 VIII R 282/82, BFH/NV 1986, 362; vom 19. März 2002 VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662).Aus den Gründen Zu Recht hat das FG in Übereinstimmung mit den Beteiligten angenommen, dass zwischen dem bis zu dessen Tod vom Ehemann der Klägerin und anschließend von ihr selbst betriebenen Verpachtungsunternehmen und der C-GmbH in den streitigen Erhebungszeiträumen eine (unechte) Betriebsaufspaltung bestand. Dies hat zur Folge, dass die hier in Rede stehende Verpachtungstätigkeit der Klägerin und --zuvor-- ihres Ehemannes als gewerblich zu qualifizieren war. Die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG kommt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht nur dem Betriebsunternehmen, sondern auch dem Besitzunternehmen zugute. Allerdings hat die bisherige Rechtsprechung des BFH in den Fällen der Betriebsaufspaltung eine Erstreckung der Befreiungstatbestände des § 3 Nr. 20 GewStG und vergleichbarer gewerbesteuerrechtlicher Regelungen auf Besitzunternehmen abgelehnt. Die von der bisherigen Rechtsprechung gegen eine Erstreckung des in Rede stehenden gewerbesteuerrechtlichen Befreiungstatbestandes auf das Besitzunternehmen angeführten Argumente vermögen aus den folgenden Gründen nicht zu überzeugen. Der Hinweis auf die zivil- und steuerrechtliche Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen ist zwar zutreffend, rechtfertigt aber für sich genommen nicht die Versagung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG. Zwar hat sich der Große Senat des BFH in seinem grundlegenden Beschluss in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63 von der bis dahin in der höchstrichterlichen Rechtsprechung herrschenden Vorstellung vom Besitz- und Betriebsunternehmen als einem in wirtschaftlicher Betrachtung einheitlichen Unternehmen gelöst. Dies ändert aber nichts daran, dass trotz Vorhandenseins zweier --zivil- wie steuerrechtlich-- eigenständiger Unternehmen beide Organisationseinheiten --per definitionem-- sowohl personell als auch sachlich miteinander verflochten sind. In diesem Sinne hebt bereits der Große Senat in dem zitierten Beschluss als entscheidenden, die Betriebsaufspaltung konstituierenden Umstand hervor, dass "die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Denn dann unterscheidet sich die Tätigkeit des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines normalen Vermieters". Diesen Gesichtspunkt hatte auch schon das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Beschluss vom 14. Januar 1969 1 BvR 136/62 (BVerfGE 25, 28, 37) betont: Ein Mietverhältnis, dessen Vertragsparteien --wie in den Fällen der Betriebsaufspaltung-- wirtschaftlich identisch seien und gleichgerichtete Interessen verfolgten, könne ohne Verfassungsverstoß anders beurteilt werden als ein Mietverhältnis zwischen Unternehmen, die betrieblich und personell nicht miteinander verflochten seien. Bei der Betriebsaufspaltung würden die eine wesentliche Betriebsgrundlage ausmachenden Wirtschaftsgüter in die wirtschaftliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft einbezogen und infolge der durch den Anteilsbesitz begründeten Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten dem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen der hinter beiden Unternehmen stehenden Personen unterstellt. Die Vermietung oder Verpachtung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in der Verbindung mit der Beherrschung der Betriebsgesellschaft stelle die Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit des Besitzunternehmens dar. Seine Inhaber nähmen mit der Vermietung oder Verpachtung an der gewerblichen Tätigkeit der Betriebsgesellschaft teil und trügen in gewissem Umfang das Risiko der Betriebsgesellschaft. Die mit § 3 Nr. 20 GewStG verfolgten Zwecke werden in den Fällen der Betriebsaufspaltung entgegen der Intention des Gesetzgebers nur unvollkommen erreicht, sofern man --mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH-- eine Erstreckung der entsprechenden Befreiungstatbestände auf das Besitzunternehmen verneint. Denn solchenfalls unterliegen der Gewerbesteuer nicht allein nur diejenigen Erträge, welche das Besitzunternehmen aus den vom Betriebsunternehmen entrichteten Mieten und Pachten erzielt. Vielmehr gilt dies im Grundsatz auch für den gesamten im Betriebsunternehmen erwirtschafteten Gewinn und Gewerbeertrag. Dieser bleibt zwar vorläufig --d.h. soweit und solange die Betriebs-GmbH die in ihrem Betrieb erwirtschafteten Gewinne (Gewerbeerträge) thesauriert-- von Gewerbesteuer unbelastet, wird aber spätestens in dem Augenblick beim Besitzunternehmen in vollem Umfang der Gewerbesteuer unterworfen, in welchem er an das Besitzunternehmen oder an dessen Inhaber bzw. an deren Gesellschafter ausgeschüttet wird. Letzteres folgt aus dem Umstand, dass die Anteile des Besitzunternehmers oder der Besitzgesellschafter an der Betriebskapitalgesellschaft zu ihrem notwendigen Betriebsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen beim Besitzunternehmen gehören und die Ausschüttungen der Betriebskapitalgesellschaft beim Besitzunternehmen mangels Eingreifens des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs (vgl. § 9 Nr. 2a GewStG), dessen Anwendung die hier nicht bestehende Gewerbesteuerpflicht auf der Ebene der ausschüttenden Kapitalgesellschaft voraussetzt, ungeschmälert der Gewerbesteuer unterliegen. Die vom erkennenden Senat befürwortete Erstreckung des § 3 Nr. 20 GewStG auf das Besitzunternehmen findet ihre Bestätigung nicht zuletzt in der ständigen Judikatur des III. Senats des BFH zum Investitionszulagenrecht. In seinem grundlegenden Urteil vom 20. Mai 1988 III R 86/83 (BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739, unter 3.a) führt der III. Senat aus: "Ließe man hier (meint: in den Fällen der Betriebsaufspaltung) die Gewährung der Zulage unter dem formalen Gesichtspunkt, dass Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen rechtlich selbständige Unternehmen sind, nicht zu, so wäre eine Zulage in den typischen Fällen der Betriebsaufspaltung gänzlich ausgeschlossen. Denn die Besitzgesellschaft investiert hier zwar, aber sie nutzt die von ihr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter nicht selbst im eigenen Betrieb, die Betriebsgesellschaft nutzt die Wirtschaftsgüter zwar, sie hat selbst aber nicht investiert. Dieses Ergebnis widerspräche der Rechtsnatur der Betriebsaufspaltung, die weit verbreitet und von der Rechtsprechung anerkannt ist. Ihr Sinn und Zweck besteht gerade darin, dass die Funktionen eines normalerweise einheitlichen Betriebes bei ihr auf zwei Rechtsträger und damit zwei Betriebe aufgeteilt sind." Wie bereits ausgeführt, dient der gesundheits- und wirtschaftspolitisch motivierte Gewerbesteuerbefreiungstatbestand des § 3 Nr. 20 GewStG der Kostenentlastung bei den Trägern der dort begünstigten Einrichtungen. Diese Vorschrift ist mithin eine Sozialzwecknorm, die --ebenso wie das Investitionszulagenrecht-- zum Wirtschaftsrecht gehört und die als sog. Verschonungssubvention in ihrer Wirkung durchaus mit offenen Subventionen vergleichbar ist. Der Zweck solcher Steuerbefreiungen (und Steuervergünstigungen) ist letztlich der gleiche wie bei den direkten Subventionen (z.B. Investitionszulagen), nämlich Anreize zur Verwirklichung eines bestimmten vom Gesetzgeber gewünschten Verhaltens des Steuerpflichtigen zu schaffen. Für eine Gleichbehandlung des Problems der "Merkmalsübertragung" bei der Investitionszulage und anderen Steuervergünstigungen und Steuerbefreiungen spricht überdies der Umstand, dass die im Investitionszulagenrecht verwendeten Begriffe nach ständiger Rechtsprechung des BFH nach steuerrechtlichen Grundsätzen auszulegen sind. Mit dieser Sichtweise steht des Weiteren auch im Einklang, dass die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 1985, 683 (unter V.) die von der Rechtsprechung des III. Senats zur Investitionszulage entwickelten und auch in der Verwaltungspraxis angewendeten Grundsätze auch auf andere indirekte Subventionen (Steuervergünstigungen) ausgedehnt hat, namentlich auf die Sonderabschreibungen nach § 3 Abs. 2 des Zonenrandförderungsgesetzes (ZRFG), erhöhte Absetzungen für Wirtschaftsgüter, die dem Umweltschutz dienen (§ 7d Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 EStG), die Bewertungsfreiheit für Fabrikgebäude, Lagerhäuser und landwirtschaftliche Betriebsgebäude (§ 7e Abs. 1 Satz 1 EStG), die Sonderabschreibung zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe (§ 7g Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG), erhöhte Absetzungen für unbewegliche Wirtschaftsgüter in einer Berliner Betriebsstätte (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) und die Bewertungsfreiheit für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Forschung und Entwicklung dienen (§ 82d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung --EStDV--). Im BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 451 befürwortet die Finanzverwaltung die entsprechende Anwendung dieser Grundsätze auch für die Gewährung von Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz (FördG). Die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung findet eine Stütze auch in dem zur "Abfärberegelung" des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ergangenen BFH-Urteil vom 30. August 2001 IV R 43/00 (BFHE 196, 511, BStBl II 2002, 152). Die vom erkennenden Senat im Streitfall befürwortete Erstreckung der Gewerbesteuerbefreiung auf das Besitzunternehmen wird schließlich auch nicht durch das BFH-Urteil vom 4. Juni 2003 I R 100/01 (BFHE 203, 171, BStBl II 2004, 244) in Frage gestellt. Dort hat der I. Senat des BFH entschieden, dass sich die Befreiung einer Organgesellschaft von der Gewerbesteuer gemäß § 3 Nr. 20 GewStG auch dann nicht auf eine andere, die Befreiungsvoraussetzungen ihrerseits nicht erfüllende Organgesellschaft (Schwestergesellschaft) desselben Organkreises erstrecke, wenn die Tätigkeiten der Gesellschaften sich gegenseitig ergänzten. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer gesetzlichen Steuerbefreiung müssten von der jeweiligen Organgesellschaft selbst erfüllt werden. Die im hier vorliegenden Streitfall zu beurteilende Konstellation der Betriebsaufspaltung ist mit dem dort gewürdigten Fall der (gewerbesteuerrechtlichen) Organschaft nicht vergleichbar. Gemeinsamkeiten weisen die beiden Konstellationen zwar insoweit auf, als es hier wie dort um die Beurteilung des Verhältnisses zweier rechtlich selbständiger Unternehmen zueinander geht, die zudem personell miteinander verflochten sind. Anders als bei der hier zu beurteilenden Betriebsaufspaltung fehlte es im dort entschiedenen Organschaftsfall bereits an einer sachlichen Verflechtung der beiden Schwester- und Organgesellschaften im Sinne der zur Betriebsaufspaltung entwickelten Grundsätze, wenngleich auch die Tätigkeitsbereiche der beiden Schwesterunternehmen, von denen das eine ein nach § 3 Nr. 20 GewStG befreites Krankenhaus und das andere ein --jedenfalls isoliert betrachtet-- nicht gewerbesteuerfreies Thermalwasserbad zur Heil-, Vorsorge- und Kurbehandlung betrieb, einander ergänzt haben mögen. Vor allem kommt aber hinzu, dass der im Betriebsaufspaltungsfall eingreifende --wie dargelegt ein sehr gewichtiges Argument für die Ausdehnung des Befreiungstatbestands auf das Besitzunternehmen liefernde-- "Abfärbe- bzw. Infektionsgedanke", wonach der gewerbliche Charakter der an sich vermögensverwaltenden Betätigung des Besitzunternehmens durch die Gewerblichkeit des Betriebsunternehmens determiniert wird, im vom I. Senat zu beurteilenden Organschaftsfall, in dem beide Schwestergesellschaften unabhängig voneinander jeweils gewerbliche Unternehmen betrieben, keine Rolle spielte. Ein weiterer --nach Auffassung des erkennenden Senats ebenfalls wesentlicher-- Unterschied zwischen dem die "klassische" Konstellation der Betriebsaufspaltung betreffenden Streitfall, in welchem das Besitzunternehmen die Rechtsform eines Personenunternehmens (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) besitzt und als Betriebsunternehmen einer Kapitalgesellschaft fungiert, und dem vom I. Senat entschiedenen Sachverhalt der Organschaft besteht darin, dass im letztgenannten Fall die Anteile an der einen Schwestergesellschaft nicht etwa der anderen (gleichgeordneten) Schwestergesellschaft zuzuordnen sind, sondern vielmehr die Anteile an beiden Gesellschaften der gemeinsamen Muttergesellschaft (Organträgerin) gehören. Anders stellt sich die Lage hingegen bei der Betriebsaufspaltung dar. Hier gehören die Anteile der beide Unternehmen beherrschenden Gesellschafter zum notwendigen Betriebs- bzw. Sonderbetriebsvermögen beim Besitzunternehmen mit der bereits beschriebenen Folge, dass im Falle einer Ablehnung der Erstreckung der Gewerbesteuerbefreiung auf das Besitzunternehmen entgegen der vom Gesetzgeber mit der Gewerbesteuerbefreiung verfolgten Intention eine Nachversteuerung des Gewerbeertrages des Betriebsunternehmens stattfindet, soweit und sobald der dort erwirtschaftete Gewinn (Gewerbeertrag) an den oder die beherrschenden Gesellschafter beider Unternehmen ausgeschüttet wird. Mit dieser Entscheidung weicht der Senat von den Urteilen des I. Senats in BFHE 139, 406, BStBl II 1984, 115, und des VIII. Senats in BFH/NV 1986, 362, und in BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662 sowie von dem Beschluss des IV. Senats in BFH/NV 1992, 333 ab. Die betroffenen Senate haben auf Anfrage mitgeteilt, dass sie der Abweichung zustimmen (vgl. Beschlüsse des I. und des IV. Senats vom 28. Januar 2004 I ER -S- 3/03, und vom 26. Februar 2004 IV ER -S- 6/03, sowie nunmehr auch des VIII. Senats des BFH vom 17. Januar 2006 VIII ER -S- 1/06). BFH, Urteil vom 29.03.06, X R 59/00 Der Betrieb 2006, 1352

03.07.2006, Kastaun

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