BFH: Entfallen der Geschäftsgrundlage bei tatsächlicher Verständigung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11. April 2017 IX R 24/15 entschieden, dass einer tatsächlichen Verständigung keine Bindungswirkung zukommt, wenn ein Umstand, den beide Parteien der Vereinbarung als Geschäftsgrundlage zugrunde gelegt haben, von vornherein gefehlt hat.

 

Im Streitfall machten die Kläger aus der insolvenzbedingten Auflösung einer GmbH für das Streitjahr 2007 einen Verlust geltend. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens schlossen die Kläger auf Vorschlag des Finanzgerichts (FG) mit dem Finanzamt (FA) eine sog. tatsächliche Verständigung. Danach sollte in tatsächlicher Hinsicht von einem bereits im Jahr 2005 entstandenen Verlust ausgegangen werden. Bei der Umsetzung der Vereinbarung stellte das FA fest, dass die Einkommensteuerfestsetzung 2005 wegen einer vom vormaligen Berater der Kläger erklärten Einspruchsrücknahme nicht mehr änderbar war. Daher machten die Kläger geltend, dass die tatsächliche Verständigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufzuheben und der Auflösungsverlust im anhängigen Streitjahr 2007 anzusetzen sei. Das FG folgte dem nicht und wies die Klage als unbegründet ab.

 

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und das Verfahren an das FG zurückverwiesen. Nach seinem Urteil entfällt die Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung, wenn ein wesentlicher Umstand, den die Parteien als gemeinsame Grundlage der Verständigung vorausgesetzt haben, nicht vorliegt, sodass ein Festhalten an der Vereinbarung jedenfalls einem der Beteiligten nicht zuzumuten ist.

 

Im Streitfall seien die Beteiligten übereinstimmend von der verfahrensrechtlichen Änderbarkeit des Einkommensteuerbescheids 2005 ausgegangen. Da diese angenommene gemeinsame Geschäftsgrundlage von vornherein gefehlt habe, komme der tatsächlichen Verständigung keine Bindungswirkung zu. Es komme nicht darauf an, ob in Bezug auf die Fehlvorstellung ein Verschulden der Kläger vorliege. Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang ohne Bindung an die Verständigung zu prüfen haben, ob der Auflösungsverlust -wie von den Klägern vorgebracht- im Streitjahr 2007 zu berücksichtigen ist.

 

BFH, Urteil vom 11.04.17, IX R 24/15

Pressemitteilung des BFH Nr. 54/2017 v. 23.08.17

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11. April 2017 IX R 24/15 entschieden, dass einer tatsächlichen Verständigung keine Bindungswirkung zukommt, wenn ein Umstand, den beide Parteien der Vereinbarung als Geschäftsgrundlage zugrunde gelegt haben, von vornherein gefehlt hat.

 

Im Streitfall machten die Kläger aus der insolvenzbedingten Auflösung einer GmbH für das Streitjahr 2007 einen Verlust geltend. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens schlossen die Kläger auf Vorschlag des Finanzgerichts (FG) mit dem Finanzamt (FA) eine sog. tatsächliche Verständigung. Danach sollte in tatsächlicher Hinsicht von einem bereits im Jahr 2005 entstandenen Verlust ausgegangen werden. Bei der Umsetzung der Vereinbarung stellte das FA fest, dass die Einkommensteuerfestsetzung 2005 wegen einer vom vormaligen Berater der Kläger erklärten Einspruchsrücknahme nicht mehr änderbar war. Daher machten die Kläger geltend, dass die tatsächliche Verständigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufzuheben und der Auflösungsverlust im anhängigen Streitjahr 2007 anzusetzen sei. Das FG folgte dem nicht und wies die Klage als unbegründet ab.

 

Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und das Verfahren an das FG zurückverwiesen. Nach seinem Urteil entfällt die Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung, wenn ein wesentlicher Umstand, den die Parteien als gemeinsame Grundlage der Verständigung vorausgesetzt haben, nicht vorliegt, sodass ein Festhalten an der Vereinbarung jedenfalls einem der Beteiligten nicht zuzumuten ist.

 

Im Streitfall seien die Beteiligten übereinstimmend von der verfahrensrechtlichen Änderbarkeit des Einkommensteuerbescheids 2005 ausgegangen. Da diese angenommene gemeinsame Geschäftsgrundlage von vornherein gefehlt habe, komme der tatsächlichen Verständigung keine Bindungswirkung zu. Es komme nicht darauf an, ob in Bezug auf die Fehlvorstellung ein Verschulden der Kläger vorliege. Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang ohne Bindung an die Verständigung zu prüfen haben, ob der Auflösungsverlust -wie von den Klägern vorgebracht- im Streitjahr 2007 zu berücksichtigen ist.

 

BFH, Urteil vom 11.04.17, IX R 24/15

Pressemitteilung des BFH Nr. 54/2017 v. 23.08.17

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