BFH: Akteneinsicht im finanzgerichtlichen Verfahren in Pandemiezeiten

BFH, Beschluss vom 18.03.21, V B 29/20

1. Führt das FG die Prozessakten in Papierform, wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in den Diensträumen gewährt.

2. Die Übersendung von Akten in die Kanzleiräume eines Prozessbevollmächtigten zum Zwecke der dortigen Einsichtnahme bleibt auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt. Dabei ist die Entscheidung, Akteneinsicht ausnahmsweise außerhalb von Diensträumen zu gewähren, eine nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilende Ermessensentscheidung des FG.

3. Hat das FG bei seiner Entscheidung die für und die gegen eine Akteneinsicht in den Kanzleiräumen sprechenden Gründe hinreichend berücksichtigt und gegeneinander abgewogen, kann sich die Versagung der Akteneinsicht in den Kanzleiräumen auch unter Berücksichtigung der besonderen Pandemielage als ermessensfehlerfrei erweisen.

 

Der Umgang der Justiz in Zeiten einer Pandemie mit dem Recht des Steuerpflichtigen, durch seinen Rechtsvertreter Einsicht in die Steuerakten zu nehmen, ist peinlich.

Um der Gefahr Herr zu werden, Rechtsanwälte würden die Steuerakten verbrennen, schreddern oder auf andere Weise vernichten, mutet man ihnen und auch den Gerichtsbediensteten zu, sich selbst in Zeiten strikten Lockdowns ins Gericht zu begeben und die Akten dort zu lesen.

Natürlich ist es letztlich das Versäumnis des Gesetzgebers, die ohnehin unangebrachte Gesetzeslage zu ändern. Es fällt aber nicht schwer, das Gesetz zum Schutze der Gesundheit im Lichte der übrigen Corona-Regeln so anzuwenden, dass ausnahmsweise eben doch die Akten in die Anwaltskanzlei zu versenden sind.

Alles andere ist ermessensfehlerhaft.

Letztlich belegt die Rechtsprechung einiger (nicht aller!) Finanzgerichte und auch die vorstehend in Leitsätzen zusammengefasste jüngste Entscheidung des Bundesfinanzhofs das tiefe Misstrauen gegenüber den an anderer Stelle gern als Organe der Rechtspflege in Anspruch genommenen Rechtsanwälten.

30.07.21, Dr. Jochen Bachmann

BFH, Beschluss vom 18.03.21, V B 29/20

1. Führt das FG die Prozessakten in Papierform, wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in den Diensträumen gewährt.

2. Die Übersendung von Akten in die Kanzleiräume eines Prozessbevollmächtigten zum Zwecke der dortigen Einsichtnahme bleibt auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt. Dabei ist die Entscheidung, Akteneinsicht ausnahmsweise außerhalb von Diensträumen zu gewähren, eine nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilende Ermessensentscheidung des FG.

3. Hat das FG bei seiner Entscheidung die für und die gegen eine Akteneinsicht in den Kanzleiräumen sprechenden Gründe hinreichend berücksichtigt und gegeneinander abgewogen, kann sich die Versagung der Akteneinsicht in den Kanzleiräumen auch unter Berücksichtigung der besonderen Pandemielage als ermessensfehlerfrei erweisen.

 

Der Umgang der Justiz in Zeiten einer Pandemie mit dem Recht des Steuerpflichtigen, durch seinen Rechtsvertreter Einsicht in die Steuerakten zu nehmen, ist peinlich.

Um der Gefahr Herr zu werden, Rechtsanwälte würden die Steuerakten verbrennen, schreddern oder auf andere Weise vernichten, mutet man ihnen und auch den Gerichtsbediensteten zu, sich selbst in Zeiten strikten Lockdowns ins Gericht zu begeben und die Akten dort zu lesen.

Natürlich ist es letztlich das Versäumnis des Gesetzgebers, die ohnehin unangebrachte Gesetzeslage zu ändern. Es fällt aber nicht schwer, das Gesetz zum Schutze der Gesundheit im Lichte der übrigen Corona-Regeln so anzuwenden, dass ausnahmsweise eben doch die Akten in die Anwaltskanzlei zu versenden sind.

Alles andere ist ermessensfehlerhaft.

Letztlich belegt die Rechtsprechung einiger (nicht aller!) Finanzgerichte und auch die vorstehend in Leitsätzen zusammengefasste jüngste Entscheidung des Bundesfinanzhofs das tiefe Misstrauen gegenüber den an anderer Stelle gern als Organe der Rechtspflege in Anspruch genommenen Rechtsanwälten.

30.07.21, Dr. Jochen Bachmann

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